Wirtschaft

EU-Steuerzahler müssen Fracking-Gas-Terminal für die USA finanzieren

Die europäischen und amerikanischen Steuerzahler müssen 1,3 Milliarden Euro berappen, um für US-Firmen eines kroatischen Terminal für Flüssig-Gas zu errichten. Dadurch soll die Energieabhängigkeit von Russland reduziert werden. Ohne den Terminal können die Amerikaner ihr Flüssig-Gas nicht nach Europa transportieren.
04.05.2015 00:02
Lesezeit: 2 min

Die EU-Steuerzahler müssen den zügigen Bau eines Flüssig-Gas-Termins (LNG-Gas) auf der kroatischen Insel Krk finanzieren. Das berichtet der Journalist Tonino Picula aufTwitter. Der EU-Energiekommissar Maroš Šefčovič habe ihm das EU-Vorhaben im Rahmen einer Anfrage bestätigt. Der Bau des Terminals soll rund 1,3 Milliarden Euro kosten, berichtet 2b1st Consulting. Der Grundstein für den Bau soll Mitte 2016 gelegt werden. Ab 2019 soll das Terminal dann in Betrieb gehen. Das Projekt wird vom Konsortium Adria LNG getragen. E.ON Ruhrgas hält 39,17 Prozent an dem Konsortium. Weitere Anteileigner sind Total S.A. mit 27,35 Prozent, OMV mit 32,48 Prozent und Geoplin mit einem Prozent, berichtet Reuters.

Im vergangenen Dezember meldeten die EU und die USA in einer gemeinsamen Erklärung, dass sie die Fertigstellung des Terminals in Kroatien ausdrücklich unterstützen, berichtet die EU-Kommission in einer Mitteilung. Das LNG-Terminal in Kroatien soll dann mit seinem Gegenstück im polnischen Świnoujście verbunden werden. „Kroatien hat das Potenzial, ein regionaler Umschlagplatz für Energie zu werden“, zitiert die Badische Zeitung den US-Vizepräsidenten Joe Biden.

Das Ziel ist, die Energieabhängigkeit der EU-Staaten von russischen Gas-Importen zu verringern. Allerdings dürften die USA durch den Ausbau von LNG-Terminals als großer Gewinner hervorgehen. Denn das aktuell größte Hindernis bei der Versorgung Europas mit Fracking-Gas aus den USA ist die mangelhafte Infrastruktur von LNG-Terminals. Der private US-Geheimdienst bemerkt in einem Artikel, dass „der Transport von Erdgas durch Pipelines in den meisten Fällen billiger als über den den Einsatz teurer LNG- Hafeninfrastrukturen“ ist. Deshalb sei Russland noch im Vorteil. Das Center on Global Energy Policy berichtet in einer Vorausschau für das Jahr 2020, dass US-amerikanisches sich LNG-Gas innerhalb der EU zunehmend als Alternative zu russischem Erdgas entwickeln wird. Nach Wunsch der Amerikaner sollen US-Konzerne die Energie-Sicherheit Europas garantieren.

Europas Gas-Versorgung war bisher von Pipelines von Ost nach West abhängig. Doch in Zukunft soll das Gas von West nach Ost fließen. Wie hoch der Anteil der künftigen Gas-Lieferungen von West nach Ost US-amerikanischen Ursprungs sein wird, bleibt unklar. Doch durch den baldigen Abschluss des TTIP-Abkommens dürften es die US-Konzerne leicht haben, in den EU-Markt einzudringen.

Doch die Schuldzuweisung der EU-Kommission gegen Gazprom, wonach der russische Energie-Riese seine Vormachtstellung in Mittel- und Osteuropa rechtswidrig ausnutzen würden, ist offenbar falsch. Gazprom profitiert von den schlechten Marktstrukturen innerhalb der EU, die nur einen begrenzten Wettbewerb auf den Gasmärkten Osteuropas zulassen. Die Preispolitik von Gazprom reflektiere in erster Linie den dysfunktionalen Gasmarkt in Europa, berichtet die Financial Times.

Als Polen einen langfristigen LNG-Vertrag mit Katar unterzeichnete, wurde eine Preisformel angesetzt, die zu den teuersten in der Welt, gehört. Unternehmen aus Großbritannien hingegen kaufen dasselbe LNG für viel weniger Geld. Bisher hat Brüssel nichts bezüglich der „schuldhaften Verletzung des Wettbewerbsrechts“ durch die Katarer gesagt.

Der Hauptgrund für die Preisgestaltungs-Macht Gazproms sei die Unfähigkeit Brüssels, einen gemeinsamen europäischen Gasmarkt zu propagieren, den es faktisch nicht gibt. Gazprom sei in dieser Angelegenheit lediglich der Sündenbock für das eigene Politikversagen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Warum zum Teufel investieren Unternehmen nicht mehr?
16.06.2025

Warum investieren Unternehmen nicht mehr – obwohl das Geld billig ist und die Gewinne sprudeln? Dieser Artikel geht der...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel in Kanada: Trump konfrontiert Verbündete mit Nahost-Konflikt und Zollandrohungen
16.06.2025

Trump kehrt auf die globale Bühne zurück – mit Zollandrohungen, Lob für Israels Angriffe auf den Iran und Konflikten mit G7-Partnern....

DWN
Politik
Politik Friedensforschungsinstitut Sipri: Wettrüsten um Atomwaffen nimmt wieder Fahrt auf
16.06.2025

Das weltweite Wettrüsten um Atomwaffen nimmt wieder Fahrt auf. Neue Zahlen und Entwicklungen zeigen besorgniserregende Trends. Können...

DWN
Politik
Politik Deutschlandticket: Finanzierungsprobleme sorgen erneut für Verunsicherung
16.06.2025

Das Deutschlandticket steht erneut auf der Kippe. Bund und Länder streiten über die Finanzierung. Bleibt der Preis stabil oder droht das...

DWN
Politik
Politik Schwere Verluste für Irans Regime – Angriffswelle auf Israel
16.06.2025

Israel setzt im eskalierenden Konflikt mit dem Iran gezielte Luftschläge – unter anderem auf strategische Atomanlagen. Auch Irans...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europe 50: Nachhaltige Unternehmen wachsen doppelt so schnell
16.06.2025

Nachhaltigkeit zahlt sich aus: Europas grünste Unternehmen wachsen doppelt so schnell wie ihre Mitbewerber, das zeigt die neue Liste...

DWN
Finanzen
Finanzen Rendite oder Risiko: Warum Anleger heutzutage mehr Angst als Ahnung haben
16.06.2025

Finanzprofis fordern Rekordrenditen, doch die Börse liefert seit Jahren mehr als verlangt. Haben Investoren den Bezug zur Realität...

DWN
Politik
Politik Rechtsrisiko aus Brüssel: EU plant Nachhaltigkeitslockerung – Juristen warnen vor Rechtsbruch
16.06.2025

Die EU will Nachhaltigkeitsauflagen für Unternehmen radikal vereinfachen – doch Juristen schlagen Alarm: Brüssel riskiere einen...