Es ist kaum eine Woche her, dass David Cameron erneut die Wahlen für sich entscheiden konnte. Und schon sind die Diskussionen über ein Referendum hinsichtlich des Verbleibs Großbritanniens in der EU wieder in vollem Gange. Camerons Partei selbst erwägt bereits, dass Referendum vorzuziehen. Der Grund: Cameron geht davon aus, dass er mit Brüssel einen Deal verhandeln kann, der den Briten den Eindruck verschafft, von der EU ausreichend zu profitieren. Offenbar will Cameron seinen Wahlsieg nutzen, um die Zustimmung der Briten bei dem Referendum sicherzustellen. Zuvor hatte bereits der Chef der englischen Notenbank, Mark Carney, geraten, dass Referendum möglichst schnell durchzuführen.
Für den Ökonom Roger Bootle von Capital Economics, der auch eine wöchentliche Kolumne im Daily Telegraph hat, wäre ein Austritt Großbritanniens aus der EU dagegen ein sinnvoller Schritt. Die Auswirkungen eines solchen Austritts seien überbewertet. Vielmehr könnte eine Deregulierung infolge eines Brexit die britische Wirtschaft ankurbeln.
Unabhängig von den wirtschaftlichen Vorteilen, die Bootle in einem Brexit sieht, kritisiert er aber vor allem die Eurozone als fehlgeschlagenes Konstrukt. Ein Konstrukt, das Dinge zusammengeführt habe, die nicht zusammen gehören.
„Ich denke, die Eurozone ist ein komplettes Desaster, und das habe ich von Anfang an gesagt“, so Bootle in einem Interview mit MoneyWeek. Es gebe zwei entscheidende Probleme. Eine Schwierigkeit ist Bootle zufolge der Süden mit Ländern wie Griechenland, Italien und Spanien. Diese seien nicht wettbewerbsfähig mit den Ländern im Norden und könnten dies nun aufgrund fehlender Wechselkurse nicht mehr ausgleichen können. „Griechenland hat in den vergangenen sechs bzw. sieben Jahren 25 Prozent seines BIPs verloren“, sagte Bootle. „Das ist schrecklich, wirklich schrecklich.“
Und andererseits würde vor allem in den Niederlanden und in Deutschland zu viel erspart. Es herrsche eine zu strenge Politik. „Die deutschen Unternehmen verkaufen in Europa und auf der ganzen Welt all diese wunderbaren Dinge, und dann wird das, was sie einnehmen, nicht wieder vollständig ausgegeben.“ Früher hätte ein steigender Kurs der D-Mark diese Entwicklung begrenzt, mit dem Euro sei das nicht möglich, so der Bootle.
Darüber hinaus könne aber gerade „Italien kann glücklich sein, Griechenland im System (der EU) zu haben“. Denn Griechenland ziehe die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Zwar sei die Situation in Griechenland aus dem Ruder gelaufen, aber die Fundamentaldaten Italiens seien eigentlich nicht besser. Italien habe seit dem Euro eigentlich kein Wachstum generieren können. Die „Wirtschaft ist sklerotisch.“ Würde Italien aus der Eurozone austreten, würde die Lira sofort um 30 oder 40 Prozent fallen, warnt Bootle.