Politik

Russland in Syrien: Die Nato hat die Orientierung verloren

Die Nato kämpft auf verlorenem Posten, um die Russen in Syrien anzuschwärzen. Sie kann wenig gegen den Willen der beiden Oberbefehlshaber Putin und Obama unternehmen. Sogar die New York Times sieht die Nato geschwächt.
09.10.2015 01:18
Lesezeit: 2 min

Russlands überraschender Einsatz in Syrien hat die Nato offenbar kalt erwischt. Sogar die New York Times räumt in einer Analyse ein, dass die Nato „geschwächt“ sei und versuche, wenigsten rhetorisch am Ball zu bleiben. So streute ein anonymer „hochrangiger Militär-Offizieller“ das Gerücht, Russland habe irrtümlich Raketen auf den Iran abgefeuert – eine Meldung, die umgehend von Teheran und Moskau dementiert wurde.

Das Problem der Nato: Es gibt eine Vereinbarung zwischen Russlands Präsident Wladimir Putin und US-Präsident Barack Obama, in Syrien zu kooperieren. So telefonierten die beiden Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow am Donnerstag auch über Syrien. Die TASS meldet: „Die beiden Außenminister haben über eine Lösung der Syrien-Krise telefoniert. Sie sind dabei anhand der Anweisungen vorgegangen, auf die sich die beiden Präsidenten Obama und Putin am Rande der UN-Vollversammlung verständigt haben: Sie haben dabei sowohl über die Notwendigkeit gesprochen, Unfälle im syrischen Luftraum zu vermeiden, als auch über die Koordination der Anstrengungen, die gemeinsam im Kampf gegen den IS und gegen andere terroristische Gruppen unternommen werden müssen, um eine politische Lösung in Syrien im Sinne der Genfer Vereinbarungen zu erreichen.“

Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Ernest, hielt sich beim Presse-Briefing in Washington auffallend bedeckt: Es gäbe, so das Protokoll, noch keine Koordination, weil die US-Regierung noch immer auf entsprechend offizielle Antworten auf ihre Vorschläge warte. Er hoffe, dass diese Antwort sehr bald eingehen werde. Bisher habe man nur darüber gesprochen, wie Unfälle im Luftraum vermieden werden können. Interessant war jedoch die Antwort des Sprechers auf die Frage, ob die USA eine Flugverbotszone über Syrien verhängen wollten. Earnest sagte, es sei wenig zielführend, eine Flugverbotszone zu verhängen in einem Gebiet, in dem die Russen ihre Luftschläge durchführen. Daraus kann man erkennen, dass es durchaus weitergehende Absprachen zwischen Washington und Moskau geben dürfte.

Die Nato ist in dieser Situation zum Zusehen verdammt – und will nun im Baltikum Stärke zeigen. So sollen Militärberater entsandt werden. Doch die paar hundert Experten dürften Putin nicht sonderlich beeindrucken. Die NYT berichtet, dass die Nato-Führung offenbar den Überblick verloren hat: So sagten einige anonyme Offizielle, sie sehen keine klaren Weg, wie sich das komplizierte Verhältnis zwischen der Nato und Russland entwickeln werde. Ein Offizieller räumte ein, dass die Nato-Osterweiterung der Grund sein könnte, warum Putin nun versuchen würde, Bewegungsspielraum im Nahen Osten zu gewinnen.

Zweifel an der Kampfkraft der Nato versuchte jedoch Generalsekretär Jens Stoltenberg auszuräumen. Er sagte laut NYT: „Wir implementieren in Osteuropa die stärkte Aufrüstung unserer gemeinsamen Verteidigung seit dem Kalten Krieg. Das sendet eine klare Botschaft an die Nato-Bürger: Die Nato wird euch verteidigen, die Nato ist auf dem Boden, die Nato ist bereit.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Putins Informationskrieg: Warum der Westen bereits verliert
21.06.2025

Während Russland mit Desinformation und Zynismus die Ordnung zerschlägt, wirkt der Westen wie ein schläfriger Zuschauer. Genau deshalb...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Litauischer Hersteller Altas Auto: Wie Europa exklusive Elektrobusse bekommt
20.06.2025

Während Europas Politik auf Elektro-Transformation pocht, bleibt die Umsetzung zäh. Ein litauischer Hersteller von E-Minibussen will die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Waffen brauchen Rohstoffe: Der stille Machtkampf um die Kriegsmetalle Antimon und Wolfram
20.06.2025

Antimon und Wolfram gelten als Schlüsselfaktoren für die moderne Rüstung. Doch die weltweiten Vorkommen liegen größtenteils außerhalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osteuropas KI-Plan: Die EU-Digitalwende kommt nicht aus Brüssel
20.06.2025

Mit fünf strategischen Hebeln will Mittel- und Osteuropa die EU-Digitalspitze übernehmen – ein ambitionierter Plan mit Folgen für die...

DWN
Politik
Politik Ex-Minister Jens Spahn unter Druck: Parlament erhält teils geschwärzten Bericht zu Masken-Deals
20.06.2025

Ein vertraulicher Masken-Bericht sorgt für neuen politischen Zündstoff. Die angekündigte Offenlegung im Bundestag bleibt unvollständig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erhöhung Mindestlohn: Kommt 2026 eine Anhebung auf 15 Euro?
20.06.2025

Ende Juni befindet eine Kommission über eine weitere Erhöhung der Lohnuntergrenze. Eine Zahl spielte beim Wahlkampf der SPD eine große...

DWN
Panorama
Panorama Jobcenter zahlt 5000 Euro Bürgergeld für den Autokauf: "Das ist doch irre!"
20.06.2025

5000 Euro Bürgergeld für ein Auto? Das Jobcenter Dortmund sorgt mit einem Pilotprojekt für Aufsehen. Arbeitslose sollen mit Prämien in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Israel und Iran: Der wahre Preis von Krieg, Öl und Exodus
20.06.2025

Raketenhagel, Krieg mit dem Iran, massive Auswanderung – und trotzdem explodieren Börse und Rüstungsexporte. Wie lange kann das...