Mit Forderungen nach einer Verschärfung des Asylrechts und größerer Distanz zur Europäischen Union hat die Schweizer Volkspartei (SVP) die Parlamentswahlen in der Schweiz klar gewonnen. Sie holte laut der am Sonntagabend veröffentlichten nationalen Hochrechnung elf zusätzliche Mandate und baute damit ihren Vorsprung als stärkste Partei der Eidgenossenschaft deutlich aus. SVP-Chef Toni Brunner verlangte umgehend eine stärkere Beteiligung an der Berner Regierung. Alle rechten Parteien kommen zusammen auf eine knappe absolute Mehrheit.
Insgesamt gewann die SVP mit einem Stimmenanteil von nun 29,5 Prozent 65 der 200 Sitze im Nationalrat, der großen Kammer des Parlaments. Noch nie seit dem ersten Weltkrieg hat eine einzelne Partei so gut abgeschnitten. Die rechtsliberale wirtschaftsnahe FDP gewann drei weitere Mandate und ist nun mit 33 Abgeordneten im Nationalrat vertreten.
Gemeinsam haben die rechtsbürgerlichen Parteien eine knappe absolute Mehrheit: SVP und FDP sowie die Regionalparteien Mouvement Citoyens Genevois in der frankophonen Westschweiz und Lega dei Ticinesi in der italienischen Schweiz im Süden verfügen über 101 der 200 Mandate im Nationalrat. Diese Parteien bilden aber keinen gemeinsamen Block.
Die Sozialdemokraten verloren zwei Mandate und kamen auf 44 Sitze, bleiben aber zweitstärkste Einzelpartei. Die Christdemokraten (CVP) büßten einen Sitz ein, kamen aber noch auf 28 Mandate. Die großen Verlierer sind die beiden Umweltparteien. Die linksorientierten Grünen behalten nur noch zehn von einst 15 Sitzen, die bürgerlichen Grünliberalen nur noch 6 von einst zwölf.
Die SVP hatte im Wahlkampf betont, sie wolle die Zuwanderung von Ausländern begrenzen, Missbrauch im Asylwesen beseitigen und zudem einen „Anschluss“ des Alpenlandes an die EU verhindern. SVP-Chef Brunner erklärte zum Sieg seiner Partei, die „Völkerwanderung in Richtung Europa“ und die Probleme der Asylpolitik in der Schweiz hätten das Klima im Wahlkampf bestimmt. Die SVP habe die richtigen Antworten darauf.
Die Sozialdemokraten hatten für eine gemäßigte Reform des Asylrechts geworben und sich für eine engere Kooperation mit der EU eingesetzt.
Für die SVP zieht erstmals die Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher in den Nationalrat ein – sie ist die Tochter des Milliardärs und SVP-Ziehvaters Christoph Blocher. Im Kanton Graubünden eroberte sie einen zweiten Sitz für die Nationalkonservativen.
Ein Abgeordnetenmandat gewann auch der SVP-Quereinsteiger und Chef des Schweizer Politik-Magazins „Die Weltwoche“, Roger Köppel. Der einstige Chefredakteur der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ (2004-2006) war erst kürzlich der SVP beigetreten.
Zu seiner Motivation erklärte Köppel: „Schreiben allein genügt nicht mehr. Ich kann nicht länger von außen beobachten, wie in Bern das Erfolgsmodell Schweiz demontiert wird.“ Köppel gehört zu prominenten Befürwortern einer Drosselung der Zuwanderung in die Schweiz. Sie würde sonst zu mehr Kriminalität und mehr Arbeitslosigkeit sowie zu „mehr Stress und Unzufriedenheit bei den Schweizerinnen und Schweizern, weniger Produktivität und weniger Wohlstand“ führen, warnte er.
SVP-Chef Brunner bekräftigte nach dem Wahlsieg die Forderung, in der nächsten Regierung mit zwei der sieben Minister vertreten zu sein. In der sogenannten Konkordanzdemokratie der Schweiz werden möglichst viele politische Kräfte an der Regierung beteiligt. Die stärksten Parteien erhalten dabei jeweils zwei oder einen Ministerposten. In den letzten Jahren hat sich die SVP mit einem Platz am Kabinettstisch zufriedengeben müssen, obwohl ihr nach der Wählerstärke zwei zustehen würden. Gewählt werden die neuen Minister am 9. Dezember vom gesamten Parlament.