Bundeskanzlerin Angela Merkel ist Informationen der Nachrichtenagentur AFP zufolge bei der Bundesanwaltschaft massenhaft wegen angeblichen Hochverrats angezeigt worden. Bislang seien rund 400 Strafanzeigen eingegangen, bestätigte Behördensprecherin Frauke Köhler am Donnerstag einen Bericht der Berliner Tageszeitung taz. Zum Inhalt der Anzeigen wollte sie keine Stellung abgeben. Der taz zufolge wird Merkel in einer offenbar organisierten Kampagne beschuldigt, wegen ihrer Flüchtlingspolitik den Bestand Deutschlands zu beeinträchtigen und die verfassungsmäßige Ordnung zu ändern.
Die Strafanzeigen werden dem Bericht zufolge vermutlich schon an der Vorprüfung scheitern. Hochverrat liegt laut Gesetz liegt nur dann vor, wenn der Täter "mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt" handelt. Manche Anzeigensteller versuchten zwar die derzeitige Zuwanderung von Flüchtlingen als eine Form von Gewalt darzustellen, doch das sei juristisch abwegig. Die Bundesanwaltschaft werde vermutlich nicht einmal förmliche Ermittlungsverfahren einleiten. Auch dazu wollte sich die Sprecherin nicht äußern.
Der taz zufolge ähneln sich viele Anzeigen. Ein entsprechendes Musterschreiben finde sich auf der Webseite des xenophoben Magazins Compact. Dort sei die Rede von "geradezu apokalyptischen Szenarien (...) die binnen eines Jahres Deutschlands Ende herbeiführen können". Die meisten Anzeigensteller schickten solche Schreiben nicht anonym, sondern mit vollem Namen und Adresse. Dies deutet darauf hin, dass die Verärgerung über extreme Kreise weit hinausgeht: Konzertierte Aktionen von reinen Extremisten erfolgen fast immer mehrheitlich anonym.
Merkel sieht sich derzeit zunehmender Kritik wegen ihrer Politik ausgesetzt, in diesem Jahr hunderttausende Flüchtlinge aufzunehmen, die etwa vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen sind (Video am Anfang des Artikels). Auch in ihrer eigenen Partei CDU wächst der Widerstand. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer von der CSU hat sogar mit dem Bruch der Koalition gedroht, sollte die Kanzlerin nicht umgehend einen offiziellen "Kurswechsel" in der Flüchtlingspolitik bekanntgeben. In Umfragen verliert die CDU derzeit deutlich an Boden.