Politik

Russland greift erstmals ISIS-Ziele in Syrien mit Raketen von U-Boot aus an

Russland bekämpft die Terror-Miliz IS nun auch von einem U-Boot aus. Die Russen versuchen offenbar, den IS soweit zu schwächen, dass eine politische Lösung für Syrien möglich wird. Die USA wollen jetzt schon über einen Waffenstillstand sprechen, was Moskau ablehnt. Zahlreiche Gruppen sind von den Gesprächen ausgeschlossen.
09.12.2015 00:50
Lesezeit: 3 min

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Russland hat nach eigenen Angaben erstmals von einem U-Boot aus die Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) in Syrien unter Beschuss genommen. Die Raketen seien von der im Mittelmeer kreuzenden „Rostow-am-Don“ abgefeuert worden, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag. Ins Visier genommen worden seien zwei größere Stellungen in der IS-Hochburg Rakka. Dabei seien Waffenlager, eine Fabrik zur Herstellung von Minen und Öl-Infrastruktur zerstört worden. Israel und die USA seien im Vorfeld über die Pläne informiert worden, die Angriffe von einem U-Boot zu starten.

Schoigu sagte weiter, in den vergangenen drei Tagen seien Angriffe gegen mehr als 600 Ziele in Syrien geflogen worden. Russische Kampfflugzeuge nehmen seit Ende September den IS in dem Bürgerkriegsland unter Beschuss.

Zwei Wochen nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei hat Präsident Wladimir Putin den Fund des Flugdatenschreibers bekanntgegeben. „Ich bitte Sie, ihn gemeinsam mit ausländischen Spezialisten zu öffnen und alles zu dokumentieren“, sagte Putin bei einem Treffen mit Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag in Moskau laut TASS.

Schoigu hatte die Blackbox in den Kreml gebracht. Das Gerät der Suchoi Su-24 sei vom syrischen Militär an der Absturzstelle gefunden worden, sagte der Minister. Putin betonte, er hoffe, dass der Flugschreiber Aufschluss darüber gebe, was am 24. November im türkisch-syrischen Grenzgebiet geschehen sei.

Die Bemühungen um eine politische Lösung des Syrien-Konflikts sind wieder in den Fokus der internationalen Gemeinschaft gerückt. Zwar stellte Russland am Dienstag eine neue Verhandlungsrunde in Frage und erklärte, dies sei „verfrüht“, die USA wollen allerdings an dem Treffen festhalten, das am 18. Dezember stattfinden könnte. In Syrien selbst berieten kurdische Parteien und andere Oppositionsgruppen über die Zukunft des Landes.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte vor wenigen Tagen eine neue Runde der internationalen Syrien-Gespräche in New York angekündigt. Diplomaten nannten den 18. Dezember als möglichen Termin. Zuletzt hatten Ende Oktober und Mitte November Vertreter von 17 Staaten, darunter die USA, Russland, der Iran und Saudi-Arabien, in Wien über den Konflikt in Syrien beraten. Dabei einigten sie sich auf einen „Fahrplan“ zur Überwindung des Bürgerkriegs, der die Bildung einer Übergangsregierung sowie Neuwahlen binnen 18 Monaten vorsieht.

Das Außenministerium in Moskau stellte die erneute Konferenz nun aber in Frage und gab zur Begründung an, dass es noch keine Fortschritte bei der Erstellung einer Liste von Rebellengruppen gebe, die die syrische Opposition bei den Gesprächen repräsentieren sollen.

Das Problem: Es ist völlig unmöglich, aktuell eine Opposition auszumachen. Der Westen setzte eine Zeitlang auf die „Freie Syrische Armee“, die jedoch seit einigen Monaten wie vom Erdboden verschluckt ist. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte diese Gruppe zu Beginn der russischen Intervention als „Phantom“ bezeichnet. Die syrische Regierung von Präsident Baschar al-Assad, die von Russland unterstützt wird, stuft praktisch alle ihre Gegner als „Terroristen“ ein.

Es sei sinnlos, Gespräche zu solch „wichtigen und dringenden Themen wie einem Waffenstillstand“ oder zum Übergangsprozess in Syrien abzuhalten, wenn es keine gemeinsame Haltung dazu gebe, „wer in Syrien ein Terrorist und wer ein Oppositionsmitglied ist“, erklärte das russische Außenministerium. „Wir brauchen kein Treffen abzuhalten, nur um des Treffens Willen.“

Dagegen erklärte US-Außenminister John Kerry, Washington hoffe noch immer auf die Abhaltung des Treffens kommende Woche. Die Konferenz sei „unser aktuelles Projekt und wir hoffen, sie abhalten zu können“, sagte er am Rande der UN-Klimakonferenz bei Paris. Das Treffen hänge aber auch vom Ergebnis der Gespräche syrischer Oppositionsgruppen in Saudi-Arabien ab, die am Mittwoch beginnen sollen. In Riad sollen bewaffnete Rebellengruppen zusammengebracht werden, um eine gemeinsame Position für Verhandlungen abzustecken. Auch die politische Opposition soll vertreten sein.

Die Absurdität der Lage verdeutlicht der Umstand, dass zahlreiche Gruppen nicht zu den Gesprächen in Riad eingeladen wurden: In Al-Malikijeh im Nordosten Syriens berieten am Dienstag dutzende kurdische, arabische und assyrische Vertreter über die Zukunft Syriens. Die Teilnehmer der zweitägigen „Syrischen Demokratischen Konferenz“ bekräftigten, dass sie es am meisten verdienten, eine Vision für Syrien nach dem Krieg vorzulegen, da sie seit Beginn des Konflikts im Land gewesen seien. Anwesend waren auch Mitglieder der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), die gemeinsam mit ihrem bewaffneten Arm von der Konferenz in Riad ausgeschlossen wurde.

Seit Beginn des Kriegs um Syrien 2011 wurden mehr als 250.000 Menschen getötet und mehrere Millionen Syrer in die Flucht getrieben.

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