Politik

Gegen den Dollar: China setzt zum Sturz der USA als einziger Weltmacht an

China errichtet, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, am Horn von Afrika seinen ersten Militär-Stützpunkt. Peking kann damit die wichtigste Container-Straße der Welt kontrollieren. Die Aktivitäten der Chinesen könnten der Grund der Zusammenarbeit der USA und Russlands in Syrien sein: Denn China macht den Amerikaner mit langem Atem ernsthaft die Rolle der einzigen Weltmacht streitig.
22.12.2015 00:57
Lesezeit: 4 min
Gegen den Dollar: China setzt zum Sturz der USA als einziger Weltmacht an
Das neue Buch von Michael Maier. (Foto: FBV)

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Vielfach wurde in den vergangenen Wochen gerätselt, warum US-Präsident Barack Obama und Russlands Präsident Wladimir Putin in Syrien plötzlich in trauter Eintracht kooperieren. Obama hatte Putin am Rande der UN-Vollversammlung in New York im September ermuntert, in Syrien militärisch zu intervenieren. Obama war klar, dass er die Terror-Miliz IS nicht mit US-Truppen würde bekämpfen können. Die US-Armeeführung hatte bereits seinen ersten Versuch abgeschmettert, einen militärischen Syrien-Einsatz zu starten. Putin war, entgegen seinem Image, stets eher in Richtung Westen orientiert. Das bestätigte ihm auch der frühere US-Außenminister Henry Kissinger, der zugleich auch sagte, dass die USA leichter mit Russland als mit China kooperieren könnten.

China hat sich seine Stellung als Macht in der Weltwirtschaft mit einer langfristigen, unauffälligen Strategie erarbeitet. Sichtbaren Ausdruck erfuhr die wachsende Bedeutung Chinas zuletzt ausgerechnet bei großen, US-dominierten Finanzinstitutionen: Der IWF hat den Yuan, die chinesische Währung, in den Währungskorb aufgenommen. Und der Internationale Währungsfonds (IWF) hat nach jahrelangem Hinhalten der wachsenden Bedeutung Chinas durch die Neugewichtung der Stimmrechte Rechnung getragen. Den Druck haben die Chinesen durch die Gründung eines asiatischen Pendants zur Weltbank erzeugt, der Asiatischen Förderbank AIIB.

Doch auch militärisch agiert Peking ausgesprochen strategisch: Im Nahen Osten haben die Chinesen mit den Russen eine Allianz geschlossen. Die vielleicht bedeutsamste Entscheidung findet an einem neuralgischen Punkt für den Welthandel statt: China wird seinen ersten Militärstützpunkt in der ostafrikanischen Republik Dschibuti errichten. Dschibuti ist das wichtigste Land am Horn von Afrika. Es ist eines der wichtigsten Handelsumschlagplätze der Welt. „Für die Sicherung der Handelswege und auch als Ausgangspunkt für den Anti-Terrorkampf am Horn von Afrika ist Dschibuti derzeit wahrscheinlich das wichtigste Land“, zitiert die Deutsche Welle Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Das Horn von Afrika ist eines der Schlüsselpunkte für den internationalen Container-Handel. Chinas Vorstoß beunruhigt die USA, da China darauf aus ist, sowohl wirtschaftlich als auch politisch zu expandieren.

In Dschibuti befindet sich bereits der US-Stützpunkt Camp Lemmonier, auf dem 4.500 Soldaten stationiert sind, berichtet der Telegraph aus London. Wer immer Djibouti kontrolliert, kann im Notfall durch eine Militärintervention zur See den Welthandel über den Suez-Kanal blockieren. China versucht sich auch, im Irak aktiv einzubringen, um seinen Bezug von Energieträgern zu sichern. Am vergangenen Donnerstag hat der chinesische Außenminister Wang Yi seinen irakischen Amtskollegen Ibrahim Jafari in New York getroffen. Die beiden Minister betonten, dass China und der Irak sowohl ihre wirtschaftlichen als auch ihre politischen Beziehungen vertiefen wollen. Yi mahnte, dass die Türkei die territoriale Integrität des Iraks achten müsse, berichtet die Nachrichtenagentur Xinhua. China ist der Verbündete des Iran und will den türkischen Kontrahenten aus dem Irak isolieren. Die Türkei wiederum ist in der Region neben Saudi-Arabien der wichtigste Partner der USA. Es ist auffallend, dass Obama mit dem türkischen Präsidenten im Fall der territorialen Ambitionen Ankaras im Irak ausgesprochen rüde umgesprungen ist: Obama forderte den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf, seine Truppen zurückziehen. Erdogan leistete der Aufforderung zähneknirschend Folge.

China bereitet auch Russland Kopfzerbrechen. In Zentralasien befindet sich das Land ebenfalls auf Expansionskurs. Das Land ist dort wirtschaftlich und politisch aktiv und stellt somit eine mögliche Bedrohung für Russland dar. Obwohl es eine Reihe von Kooperationen – vor allem im energiepolitischen Bereich – gibt, trauen sich Moskau und Peking nur bedingt über den Weg, berichtet CNBC.

Hier haben die EU-Sanktionen gegen Russland eine verheerende Wirkung: Die EU lässt Putin keine andere Wahl, als sich China anzunähern und sich damit einen neuen und alternativen Energie-Absatzmarkt zu schaffen. Auch in diesem Zusammenhang erweisen sich die Sanktionen als Bumerang für die EU. Die USA sind davon weniger betroffen, weil Russland auch ein Konkurrent für Washington im Energie-Bereich ist. Die USA wollen mit dem Fracking die Vorherrschaft der Erdöl produzierenden Staaten brechen.

In diesem Kontext erklären sich auch die Militär-Aktionen der USA im Südchinesischen Meer: So wie Russland in der Ukraine, soll auch China an seinen Grenzen gebunden werden.

Doch China dürfte nicht aus militärischen Erwägungen heraus ein Problem sein: Bisher hat China seine Dominanz kaum jemals über Kriege ausgeübt, sondern stets versucht, den Handel und die Wirtschaft für Expansionen zu nützen. Dies zeigt auch die Struktur der AIIB: Alle wichtigen Industrie-Staaten außer Japan sind an Bord - gegen den erbitterten Widerstand der Amerikaner. Das Projekt Neue Seidenstraße verspricht gigantische Investitionsmöglichkeiten. Alle wollen partizipieren. Daher wird sich keiner mit Peking anlegen.

China setzt nach den Worten von Außenminister Wang Yi ausdrücklich auf eine Annäherung an die ehemaligen Kern-Verbündeten der USA und nennt das Verhältns zu Großbritannien als Vorbild. Chinesische Medien berichten unter Zitierung einer Mitteilung seines Ministeriums vom Dienstag, dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern in diesem Jahr ein Lichtblick gewesen seien. Präsident Xi Jinping hatte im Oktober London besucht und dabei Wirtschaftsverträge mit einem Volumen von mehr als 50 Milliarden Euro unterschrieben. Premierminister David Cameron vertritt die Auffassung, ohne enge Handelsbeziehungen könne man über Menschenrechtsthemen gar nicht sprechen. Die Briten waren die ersten gewesen, die sich der AIIB angeschlossen hatten und den Agitationsversuchen aus Washington widerstanden hatten.

Die Hinwendung Pekings zum Schulden-Kapitalismus hat jedoch auch Peking unter Zugzwang gesetzt. Der Börsen-Crash im Sommer war nur ein Vorbote für mögliche künftige Verwerfungen. Es ist denkbar, dass China getrieben ist, neue Märkte zu suchen und sich nach neuen Assets umzusehen, um die Krise im eigenen Land einzudämmen.

China hat bisher wie kaum ein Land vom niedrigen Ölpreis profitiert. Das Land hat seine Lager randvoll gefüllt und ist damit gut gerüstet für den Fall, dass der Preis wieder anzieht. Je länger allerdings die Baisse andauert, umso besser für Peking. Die immer noch wachsende Industrie braucht Öl und Rohstoffe. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass China und Russland vereinbart haben, die russischen Öl-Lieferungen künftig nicht mehr in Dollar zu fakturieren. Damit kann die Dominanz der Weltwährung angekratzt werden, China kann auf diesem Weg Wechselkursrisiken vermeiden.

Damit aber kommen die Chinesen direkt in einen Konflikt mit den globalen US-Interessen. China ist der größte Gläubiger der USA und kann über Finanz-Vehikel den Dollar erheblich unter Druck bringen. Mit militärischen Mitteln ist diese Gefahr nicht zu bannen. Die Nervosität in Washington ist daher auch auf die für die Amerikaner durchaus neue Erfahrung zurückzuführen, dass die USA mit China erstmals mit einem ebenbürtigen Gegner zu tun haben.

***

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