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Wer immer die Idee zu einer neuen syrischen Opposition hatte – ob die US-Geheimdienste oder die Saudis -, ein Ziel hat die Gruppe schon erreicht: Die Genfer Friedensverhandlungen unter UN-Aufsicht werden dank der Erfindung einer Opposition für Syrien zur Farce. Die Gruppe wurde im Dezember ins Leben gerufen und besteht aus islamistischen Kämpfern, die den syrischen Präsidenten Assad stürzen wollen. Die PR-Strategen haben ganze Arbeit geleistet: Die Gruppe trägt den bombastischen Namen „Hohes Verhandlungskomitee (HNC)“ und wird in vielen Medien als „wichtigstes syrisches Oppositionsbündnis“ bezeichnet. Tatsächlich sind die Abgesandten der Saudis der Versuch, nach den russischen Militärerfolgen am Verhandlungstisch für Unruhe zu sorgen. Denn die Gruppe HNC kennt in Syrien niemand. Der frühere indische Botschafter erläuterte kürzlich, dass der Krieg in Syrien von den Golf-Staaten angezettelt worden sei, es habe keinen Volksaufstand gegen Präsident Baschar al-Assad gegeben. Der HNC gehört keine bekannte Persönlichkeit an, die in Syrien vor dem Krieg politisch in Erscheinung getreten wäre und damit die Bezeichnung „Opposition“ verdienen würde.
Die Gruppe sieht ihre erste Aufgabe nun offenbar darin, die von den UN vermittelte Friedenskonferenz zu desavouieren und den Gesprächen jeden Anschein der Relevanz zu rauben. Die Delegation der saudischen Interessensvertreter reiste bereits erst nach langem Zögern nach Genf und drohte kurz nach ihrer Ankunft am Samstag bereits wieder mit dem Abbruch der Gespräche. Sie machte ein Ende der „Verbrechen" der syrischen Regierung zur Bedingung für eine Teilnahme.
Die HNC-Vertreter wollten eigentlich am Sonntag mit UN-Vermittler Staffan de Mistura sprechen. De Mistura hatte bereits am Freitag mit Vertretern der syrischen Regierung in Genf gesprochen. Allerdings weigerte sich die HNC-Delegation - auch indirekt - Gespräche mit den syrischen Regierungsvertretern aufzunehmen. Wenn die syrische Regierung weiter „Verbrechen“ begehe, dann werde die Anwesenheit des HNC in Genf nicht gerechtfertigt sein, warnte HNC-Koordinator Riad Hidschab, der selbst nicht in Genf vor Ort war, in einer Erklärung im Internet. Die HNC-Delegation werde de Mistura über ihre Absicht zum Abzug ihrer Verhandler informieren, „wenn die UNO und die Weltmächte unfähig sind, diese Verstöße (der syrischen Regierung) zu beenden“, hieß es in der Erklärung weiter, die auf Arabisch kurz nach dem Eintreffen der HNC-Delegation veröffentlicht wurde. Über Twitter hatte das Bündnis bereits klargemacht, es beteilige sich in Genf an „Diskussionen, nicht Verhandlungen“.
Tatsächlich werden die Gespräche wenig bringen, weil die wichtigste Gruppe gar nicht eingeladen wurde: Die kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) ist mit ihrem bewaffneten Arm die Speerspitze im Kampf gegen die Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) im Norden Syriens.
Gegen die Teilnahme der Kurden hatte die Türkei erfolgreich opponiert: Ankara sieht in der PYD den syrischen Ableger der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und will das Entstehen einer autonomen kurdischen Region an der türkischen Grenze verhidern. PYD-Vertreter reisten am Freitag aus Genf ab. Auch der Syrische Demokratische Rat, dem kurdische, arabische und christliche Kräfte angehören, ist in Genf nicht vertreten.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow und US-Außenminister John Kerry wollen am 11. Februar eine erste Bilanz der Gespräche in Genf ziehen, wie das russische Außenministerium am Samstag mitteilte. Wo dies stattfinden soll, wurde nicht mitgeteilt. Zuvor hatte es in Moskau aber geheißen, Russland wolle ein internationales Syrien-Treffen am 11. Februar in München abhalten, wo am 12. Februar die Sicherheitskonferenz beginnt.
Tatsächlich haben weder die Russen noch die syrische Regierung aktuell einen erhöhten Gesprächsbedarf. Der von der russischen Luftwaffe unterstützte Vormarsch der syrischen Armee im Norden verläuft erfolgreich – sehr zum Missfallen Ankaras: Das Nato-Mitglied Türkei eröffnete daher am Samstag einen Nebenkriegsschauplatz und behauptete, dass ein russischer Kampfjet den türkischen Luftraum verletzt hätte. Moskau zeigte sich von den türkischen Anschuldigungen wenig beeindruckt.