Politik

Europas Bauern gehen wegen Russland-Sanktionen auf die Barrikaden

Lesezeit: 2 min
16.02.2016 02:25
Die Bauern in Europa verlieren wegen der Russland-Sanktionen Milliarden an Umsatz. Die Agrarminister wollen die Bauern nicht mit Steuergeldern entschädigen. Sie hoffen, dass Russland sein Embargo aufhebt - am besten ohne Gegenleistungen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Französische Bauern haben parallel zum Treffen der EU-Agrarminister am Montag heftig gegen sinkende Preise für Fleisch und Milch protestiert. Die Landwirte kreisten mit brennende Straßenblockaden die bretonische Stadt Vannes ein. Der Protest der französischen Bauern zieht sich bereits über Wochen. Frankreichs Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll hat daher bereits angekündigt, Brüssel zum Handeln in Sachen Russland-Embargo auf EU-Lebensmittel zu drängen. Das Embargo spiele eine Rolle beim Preisverfall, zitiert ihn Le Figaro.

Die deutschen Bauern erleben aufgrund der Sanktionen ebenfalls schwere Einbußen. Die Kosten schätzt der Deutsche Bauernverband auf bis zu 600 Millionen Euro im Jahr. Am Montag hat sich der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) für Gespräche mit Russland über eine Wiederöffnung des Lebensmittelmarktes ausgesprochen. Angesichts der schwierigen Lage für europäische Milch- und Schweinefleischerzeuger müsse „ein Weg gefunden werden, um den Export zu unterstützen“, sagte Schmidt am Montag in Brüssel. Anfang Februar war Bayerns Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender Horst Seehofer zu Besuch in Moskau. Das Ergebnis war eine Absichtserklärung, die die Zusammenarbeit zwischen Bayern und Russland stärken soll.

Moskau hatte als Reaktion auf die EU-Sanktionen nach der russischen Einverleibung der Krim einen Einfuhrstopp für europäische Agrarprodukte verhängt. Eine einseitige Aufhebung der Russen ist in diesem Zusammenhang schwer vorstellbar.

Schmidt empfiehlt dennoch, die Verhandlungen mit Russland im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO über den Schweinefleischmarkt zu nutzen, um den gesamten russischen Markt für EU-Nahrungsmittel wieder „Stück für Stück“ zu öffnen. Er wisse, dass die Situation politisch schwierig sei. Eine Öffnung des russischen Marktes könne aber ein „wichtiges Signal“ über den Agrarmarkt hinaus im Verhältnis zu Russland sein.

Phil Hogan, der EU-Kommissar für Landwirtschaft, deutete am Montag an, dass den Bauern Entschädigung angeboten werden. Wörtlich sagte er, der Preisverfall erfordere eine „EU-weite Reaktion“. Beim nächsten Treffen der Landwirtschaftsminister am 14. März soll darüber entschieden werden. Der EU Observer zitiert Hogan, dass bei dem Treffen auch über das 500 Millionen Euro Hilfspaket beraten werden soll, dass die Kommission im dem vergangenen Jahr den Landwirten angeboten hatte.

Bereits im September 2014 hat die EU-Kommission aufgrund der Moskauer Importbeschränkungen ein Hilfsprogramm für den europäischen Agrarsektor beschlossen. Bis Ende des Jahres 2014 wurde den Landwirten 165 Millionen Euro versprochen.

Der Milchmarkt ist aufgrund eines globalen Überangebots in einer schweren Krise. Schmidt schließt Staatshilfen für die Bauern jedoch aus. Die Erzeuger müssten sich stattdessen „neue Märkte erschließen“, forderte Schmidt. Dieser Vorschlag ist grotesk, weil der russische Markt – neben China – einer der wichtigsten für die deutschen Milchbauern war. Die EU hatte die Sanktionen gegen Russland erst im Dezember um ein weiteres halbes Jahr verlängert. Dies geschah auf Druck der USA, die damit Moskau geopolitisch schwächen wollen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Schicksalsentscheidung bei VW: Welche Standorte sind in Gefahr?
16.11.2024

Zum ersten Mal stehen VW-Werke in Deutschland vor dem Aus: Betriebsratschefin Daniela Cavallo spricht von mindestens drei potenziell...

DWN
Politik
Politik Wird König Charles zur britischen Trump(f)-Karte?
16.11.2024

Es gibt gute Gründe für London, die Rückkehr von Donald Trump zu fürchten: mögliche Handelszölle, Rache wegen alter Aussagen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Krise bei Baywa: Traditionskonzern kämpft mit Milliardenverlusten
16.11.2024

Der für die Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung wichtige bayerische Mischkonzern Baywa steckt tief in der Krise. Die Verluste...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Bürokratiekosten Deutschland: Enorme Belastung für die Wirtschaft durch Überregulierung
16.11.2024

Die Bürokratiekosten in Deutschland belasten die Wirtschaft erheblich und hemmen das Wachstumspotenzial des Landes. Eine aktuelle Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Sichere Finanzen 2025 – jetzt die Weichen richtig stellen
16.11.2024

2025 ist nicht mehr weit. Bald ist Weihnachten, eine Zeit des Innehaltens und Reflektierens. Zeit für eine persönliche Bilanz und neue...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Steigende Existenzangst: Deutsche Unternehmen kämpfen ums Überleben
16.11.2024

Fast jedes vierzehnte Unternehmen sieht sich derzeit in seiner Existenz bedroht. 7,3 Prozent der befragten Betriebe äußerten sich in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz in der Medizin: Wie KI Praxen transformiert und Ärzte zu Unternehmern macht
16.11.2024

Immer mehr Ärzte erkennen, dass digitale Lösungen und KI nicht nur ihre Praxen effizienter gestalten, sondern auch die...

DWN
Politik
Politik Trump: Macht ohne Widerstand
16.11.2024

Donald Trump ist zurück – stärker als je zuvor. Nach seinem Wahlsieg sichern sich die Republikaner die Kontrolle über beide...