Der Rundfunkbeitrag in Deutschland sollte eigentlich sinken: Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) schlug am Mittwoch vor, den Beitrag um 30 Cent auf monatlich 17,20 Euro zu senken. Die Expertenkommission rechnet demnach mit Mehreinnahmen von 542 Millionen Euro von 2017 bis 2020. Sie reduzierte dabei allerdings den von den Rundfunkanstalten angemeldeten Finanzbedarf um 965 Millionen Euro.
Soweit die Theorie: Die KEF kann nämlich nur eine Empfehlung aussprechen. Wieviel Geld jeder deutsche Haushalt an die öffentlich-rechtlichen Sender abführen müssen, entscheiden die Politiker. Sie sind in der sogenannten Rundfunkkommission zusammengefasst.
Die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), reagierte prompt "zurückhaltend" auf die Empfehlung, wie die AFP das vergleichsweise zurückhaltend formuliert. Sie respektiere diese "selbstverständlich", erklärte Dreyer. Sie habe nun die Aufgabe, die Empfehlung mit ihren Kollegen "auch auf Ziele wie stabile Beiträge, Reduzierung von Werbung und Sponsoring oder Digitalisierung hin zu überprüfen". Die Länder entscheiden über eine mögliche Beitragssenkung.
Mit dieser Aussage gibt Dreyer die Richtung vor, und diese weist nicht in Richtung Sparen: Denn obwohl die Sender 8 Milliarden Euro jährlich aus der Gebühr bekommen, haben die Sender wegen der üppigen Firmenpensionen ein riesiges Problem. Der WDR und der Bayrische Rundfunk haben das bereits eingeräumt. Man kann den Sendern in diesem Bereich nicht direkt Verschwendungssucht vorwerfen - wenngleich das System der Betriebsrenten auf Dauer neben der Unfinanzierbarkeit auch noch andere gravierende Nachteile hat - etwa die dadurch entstehende Abhängigkeit der Mitarbeiter von den Sendern, welche in der Regel zu einer Erosion der Zivilcourage führt. Die Sender sind hier jedoch unter anderem auch Opfer der EZB-Politik und einer grundlegend falschen Ordnungspolitik, wegen der die niedrigen Zinsen eine Veranlagung der Betriebsrenten sehr erschwert.
Dreyers Aussage deutet darauf hin, dass die Sender versuchen dürften, eine Senkung zu verhindern: Denn die Werbeerlöse sind in der Tat rückläufig - nicht nur bei den Sendern, sondern bei allen traditionellen Medien. Zugleich beharren die Sender auf einer durch den Geist der öffentlich-rechtlichen Sender nicht gedeckten Omnipräsenz im Internet, was natürlich mit Kosten verbunden ist.
Die Politiker sehen sich in der Gebühren-Debatte nicht als Anwalt der Steuerzahler, sondern als Hüter der Sender, die sie kontrollieren. Es ist für sie wichtig, die Sender auch im Internet präsent zu halten, um die teils dramatische Zuseherverluste im klassischen TV zu kompensieren. Genau deshalb wurde ja auch die GEZ zu einem Beitrag umgewandelt, der in Wahrheit eine Computersteuer ist, die im übrigen auch dann gezahlt werden muss, wenn man keinen Computer hat. Der neue Rundfunkbeitrag ist mithin eine "Computerverdachtssteuer", mit denen die Sender sich jeder harten Messung ihrer Relevanz entziehen.
Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender erfolgt nicht nach Leistung, sondern nach den Bedürfnissen der Politiker, die die Sender kontrollieren. Sie wollen so lange als möglich in der Fiktion verharren, dass die Politik die Bürger erreicht, wenn die Sender so berichten, wie die Politiker wollen. Die Ausdehnung ins Internet ist Teil dieses fiktionalen Ansatzes.
In diesem Konzept hat die Erhaltung des Status Quo bei der Finanzierung Priorität. Die Abwanderung der Zuseher läuft mit dem Hebel der selbstdefinierten Bedarfsfinanzierung ins Leere: Da die Finanzierung nicht an eine überprüfbare Leistung gekoppelt ist, sondern an den generellen Verdacht, dass jeder Haushalt ein internetfähiges Empfangsgerät besitzt, sind den Bedürfnissen nach oben keine Grenzen gesetzt.