In deutschen Flüchtlingsunterkünften wird nach Erkenntnissen christlicher Helfer nicht genug auf den Schutz von Angehörigen religiöser Minderheiten geachtet. In einer Studie zur „Christenverfolgung in Deutschland“, die das Hilfswerk Open Doors Deutschland am Montag in Berlin vorgelegt hat, heißt es, mehr als 80 Prozent der christlichen Flüchtlinge seien in den Erstaufnahmeeinrichtungen Schikanen durch muslimische Flüchtlinge ausgesetzt. Besonders stark betroffen seien iranische und afghanische Konvertiten, die vom Islam zum Christentum übergetreten sind.
Etwa die Hälfte der 231 christlichen Flüchtlinge, die zwischen Februar und April dieses Jahres an einer Befragung durch Open Doors teilnahmen, fühlten sich zudem von muslimischen Wachleuten benachteiligt oder sogar drangsaliert. Dies sei nur „die Spitze des Eisbergs“, so Markus Rode von Open Doors.
Der religionspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Franz Josef Jung, sagte, seine Fraktion nehme die Ergebnisse der Erhebung von Open Doors ernst. „Geflüchtete dürfen bei uns nicht das Gefühl haben, den gleichen Repressalien ausgeliefert zu sein, wie in ihren Heimatländern“, sagte der CDU-Politiker. Die Union habe sich bereits für Verbesserung bei Auswahl und Qualität der Sicherheitsunternehmen für die Bewachung der Unterkünfte eingesetzt. Die Länder seien darüber hinaus aufgefordert worden, künftig religiös motivierte Straftaten gesondert zu erfassen.
Ein evangelischer Pfarrer berichtete, christliche Flüchtlinge seien in einer Berliner Einrichtung bedroht worden, nachdem sie sich geweigert hätten, an einem gemeinschaftlichen islamischen Gebet teilzunehmen. Wer sich bei den Verantwortlichen beklage, müsse anschließend mit noch mehr Repressalien rechnen, sagte Pfarrer Gottfried Martens. „Wenn jemand Anzeige erstattet, dann müssen wir ihn anschließend bei uns auf der Matratze schlafen lassen.“
Nach Einschätzung von Volker Baumann von der Aktion für verfolgte Christen und Notleidende (AVC) werden in Deutschland bis zu 40.000 Flüchtlinge aufgrund ihrer religiösen Überzeugung drangsaliert.
Open Doors schlug vor, Christen, Jesiden und andere Nicht-Muslime künftig nur noch in größeren Gruppen auf bestimmte Unterkünfte zu verteilen.
Die katholische Kirche hatte im Februar erklärt, spezielle Einrichtungen nur für Christen seien nur eine Notlösung. Unionsfraktionschef Volker Kauder hatte die Kirchengemeinden kürzlich aufgefordert, sich noch intensiver um christliche Flüchtlinge in den Unterkünften zu kümmern.
*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***