Politik

EU-Parlament fordert Baustopp von Nord Stream 2

Das EU-Parlament fordert in einer Resolution einen Baustopp von Nord Stream 2. Die deutsch-russische Pipeline widerspreche „europäischen Interessen“. Russland könnte nun die Reißleine bei dem für die deutsche Energieversorgung wichtigen Projekt ziehen.
27.10.2016 00:42
Lesezeit: 2 min

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Das EU-Parlament hat eine Resolution verabschiedet, die sich eindeutig gegen den Bau der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2 richtet. „Die Verdoppelung der Kapazität der Nord Stream-Pipeline könnte kontraproduktive Auswirkungen auf die Energiesicherheit, die Diversifizierung der Versorgungsquellen und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten haben“, sagte das EU-Parlament in der Resolution, die an die EU-Kommission gerichtet ist.

Der Bau von Nord Stream 2 stehe im Gegensatz zu den europäischen Interessen. Stattdessen spricht sich das EU-Parlament dafür aus, das Netz von Terminalen für LNG-Gas auszubauen. Dadurch soll die durch Nord Stream 2 drohende Schließung der Versorgungsleitungen nach Mittel- und Osteuropa kompensiert werden. Die Strategie zum Ausbau des LNG-Netzes soll ein Hauptbestandteil der „Energieunion“ sein. Dadurch will die EU ihre Abhängigkeit von russischen Energieträgern verringern.

Die Forderung des Baustopps von Nord Stream 2 kann als Ersatz für weitere Sanktionen gegen Russland gesehen werden. Das haben in den vergangenen Monaten mehrere EU-Politiker – einschließlich des EVP-Fraktionschefs Manfred Weber – angedeutet. Über Öl- und Gasverkäufe finanziere Russland seine Aktionen in der Ukraine und in Syrien, was nur dadurch zu stoppen, sei, dass Russland Gewinneinbrüche im Energiesektor erleidet, so die Argumentation der Gegner von Nord Stream 2.

Aus Sicht der Amerikaner ist der Baustopp von Nord Stream 2 eine besonders wirksame Methode, um Russland zu sanktionieren. Nach Aussagen des Sonderbeauftragten des US-Außenministeriums für Energiewirtschaft, Amos Hochstein, stecke hinter Nord Stream 2 eine politische Motivation Russlands. Europa solle deshalb künftig auf LNG-Gas aus den USA und anderen Staaten setzen.

Bereits im Mai 2016 sagte Hochstein dem englischsprachigen Dienst von Reuters: „ Unser Engagement für die Energiesicherheit in Europa steht in direktem Zusammenhang mit unserer Sorge um die nationale Sicherheit (…) Die USA sind zutiefst besorgt über eine Pipeline, die die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Ukraine gefährden würde.“

Die USA wollen verhindern, dass Russland die Ukraine als Gas-Transitland durch den Bau von Nord Stream 2 und Turkish Stream umgeht. Unterstützung erhalten die USA insbesondere von Polen und den baltischen Staaten, die hochgradig von russischen Energieträgern abhängig sind und LNG-Gas aus den USA und Katar beziehen wollen. Im Juli hatten die Polen die erste Lieferung von LNG-Gas aus Katar erhalten.

Der EU-Berichterstatter Andras Gyürk sagt zur aktuellen Resolution des EU-Parlaments laut Pressemitteilung: „Es gibt drei große Themen, auf die wir in diesem Bericht eingegangen sind. Erstens brauchen wir eine Diversifizierung, um Solidarität mit Ländern zu zeigen, die fast einhundert Prozent von einem einzigen Lieferanten abhängig sind. Als nächstes ist die Ergänzung der fehlenden Gasinfrastruktur für die Maximierung der Nutzung der bestehenden LNG - Terminals und Gasspeichereinrichtungen wichtig. Als letztes ist eine notwendige Harmonisierung der Regeln, Verfahren und Tarifstrukturen von wesentlicher Bedeutung.“

Wegen der wachsenden Gegnerschaft aus Europa steht Nord Stream 2 ohnehin auf der Kippe. Nach Gazprom-Angaben soll der Verwaltungsrat des russischen Energie-Riesen Gazprom am 9. November entscheiden, ob die aktuellen Gasliefer-Vereinbarungen mit den europäischen Partnern aufgekündigt werden sollen. Es ist durchaus denkbar, dass Russland der EU zuvor kommt und von sich aus die Reißleine zieht. Die Russen hatten nach dem Abschuss eines Militärjets durch die Türkei das Projekt Turkish Stream auf Eis gelegt. Erst nach einer erneuten Annäherung von Ankara und Moskau waren die Planungen wieder aufgenommen worden.

Die EU-Kommission untersucht die Geschäfte von Gazprom in Europa seit fünf Jahren und wirft dem Unternehmen vor, Wettbewerber zu behindern und in Osteuropa überhöhte Preise zu verlangen. Gazprom liefert etwa ein Drittel des Erdgases, das in Europa verbraucht wird. Die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager erklärte am Mittwoch: „Zu diesem Zeitpunkt stehen alle Optionen im Raum.“ Sie droht Gazprom damit, hohe Strafen zu verhängen. Möglich ist eine Summe, die zehn Prozent des weltweiten Umsatzes entspricht.

Zudem will die EU Insidern laut Reuters bereits bis Montag entscheiden, ob Gazprom einen stärkeren Zugriff auf die Pipeline Opal in Deutschland bekommt. Sie zweigt in der Ostsee von der Nord-Stream-Leitung ab und bringt Gas nach Tschechien. Derzeit hat Gazprom nur begrenzten Zugang zu der Pipeline, weil die EU eine zu starke Kontrolle der Infrastruktur durch Energieversorger verhindern will.

Der volle Zugang zu Opal gilt auch für das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 als entscheidend.

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