Aufgrund massiver Investitionen in ihre moderne Landwirtschaft über einen Zeitraum von drei Jahrzehnten, ist die Ukraine mittlerweile der viertgrößte Getreide-Exporteur der Welt (basierend auf Weizen, Mais und Gerste). Dem Land gehört ein Drittel der „schwarzen Erde“, die als der weltweit beste Boden gilt. Als größter Staat in Europa verfügt die Ukraine über eine sehr große Anbaufläche; darüber hinaus wird das Produktionsvolumen mithilfe von IT-mechanisierter Landwirtschaft rasch immer mehr gesteigert.
In einer Kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE wird ausgeführt: „Die Ukraine galt in der Vergangenheit als die Kornkammer der Sowjetunion und ist wegen ihres beträchtlichen Vorkommens von Schwarzerde als besonders fruchtbar und produktiv bekannt. Mit 32 Millionen Hektar Anbaufläche verfügt die Ukraine über doppelt so viel landwirtschaftlich nutzbare Fläche wie Deutschland.“
Das Bundesministerium für Ernährung und Wirtschaft (BMEL) wörtlich: „So spielt der Agrarsektor mit seinem Anteil von 18 Prozent am BIP auch eine wichtige volkswirtschaftliche Rolle. Mit einem Beitrag von 42 Prozent zum Gesamtexport ist er sogar maßgeblicher Faktor im Handelsbereich (…) Jährlich werden in der Ukraine über 60 Millionen Tonnen Getreide produziert, davon hauptsächlich Weizen, Mais und Gerste. Mehr als die Hälfte wird exportiert. Im weltweiten Vergleich steht die Ukraine hier an vorderen Positionen. Bei Zuckerrüben ist sie einer der größten Produzenten Europas und bei den Ölsaaten Weltmarktführer. In der Südukraine ermöglichen lange Sonnenperioden teilweise zwei Ernten im Sommer, hauptsächlich Obst und Gemüse. Trotz des Rückgangs der Nutztierbestände haben die Tierproduktion und die Milchverarbeitung weiterhin Bedeutung.“
All diese Faktoren haben dazu geführt, dass deutsche Firmen ein großes Interesse daran haben, mit der Ukraine im Bereich der Agrarwirtschaft zu kooperieren. Der deutsche Landtechnik Hersteller "Horsch Maschinen GmbH" hat angekündigt, 4,5 Millionen Euro in der Ukraine zu investieren.
„Die Ukraine ist eines der Länder mit den größten Schwarzerde-Vorkommen der Welt und liegt zentral in Europa. Als Agrarland hat die Ukraine in der Vergangenheit eine wichtige Rolle gespielt, und das wird auch in Zukunft so bleiben. Als einer der führenden Hersteller von Bodenbearbeitungsgeräten, Sämaschinen und Pflanzenschutztechnik weltweit, dürfen wir in einem solch wichtigen Markt nicht fehlen“, sagte Geschäftsführer von Horsch Ukraine, Herrn Johannes Kluth, im Gespräch mit der AHK Ukraine.
Dem Oakland Institute zufolge sind unter anderem folgende Firmen in der Ukraine vertreten:
Trigon Agri (Dänemark), Public Investment Fund (PIF) of Saudi Arabia, Saudi Al Rajhi Group, Almarai Co. (Saudi-Arabien), Renaissance Group (Russland), MK Group (Serbien), Glencore Xstrata PLC (Schweiz), Sintal Agriculture Plc und Mriya Agro Holding Public Limited (Zypern), Agrokultura AB (Schweden), AgroGeneration (Frankreich), Kernel Holding S.A. (Luxemburg) und MCB Agricole (Österreich).
Doch nicht nur deutsche und internationale Firmen, sondern auch europäische und US-amerikanische Banken und Finanzinstitutionen haben ein großes Interesse daran, die Agrarwirtschaft in der Ukraine zu entwickeln. Von der "Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung" (EBRD), der "Europäischen Investitionsbank" (EIB), der "Internationalen Finanz-Corporation" (IFC) und der "Black Sea Trade and Development Bank" wurden beispielsweise der Bau von Getreideterminals, Getreidesilos und Biogasanlagen finanziert. Hinzu kamen Kreditvergaben zur Verbesserung der Bewässerungs- und Landtechnik, berichtet Germany Trade & Invest (GTAI).
Im September 2011 berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform, dass die Export-Import-Bank von China bereit sei, „10 Milliarden US-Dollar in den Agrarsektor der Ukraine zu investieren“. Seitdem haben chinesische Unternehmen beträchtliche Mittel investiert, auch wenn diese noch weniger als zehn Milliarden US-Dollar betragen. Im September 2012 unterzeichnete die Ukraine mit der chinesischen Bank einen Darlehensvertrag über drei Milliarden US-Dollar, der der Ukraine eine Kreditlinie als Gegenleistung für einen Teil der Maisernte des Landes für einen Zeitraum von 15 Jahren garantierte. Berichten zufolge werden „chinesische Darlehen verwendet, um den Kauf chinesischer Agrartechnologien, Herbizide und Pestizide zu finanzieren“. Im Gegenzug sollten diese Investitionen „die Ernte ankurbeln und damit die Exportverpflichtungen nach China erfüllen“.
„Das Ziel dieser Kredite scheint darin zu bestehen, „einheimische landwirtschaftliche Flächen direkt zu pachten oder lokale Produzenten zu finanzieren und sie an Leihgaben für Ernten zu binden - alles mit der Absicht, Exporte zu sichern, um die Ernährungssicherheit in der Heimat zu verbessern“, so die Financial Times in einem gesonderte Bericht.
Die Anstrengungen Chinas erfolgen vor allem im Rahmen des Projekts zur Neuen Seidenstraße („One belt, One road“). Der ukrainische Infrastruktur-Minister Wladyslaw Kryklij sagte in einem Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Das Projekt Chinas „One belt, one road“ schreitet voran, wo neue Handelswege errichtet werden, die Zentralasien mit Europa verbinden. Im Moment haben sich rund 70 Länder dieser Initiative angeschlossen, die ein Potenzial hat, das 40 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes entspricht. Die Große Seidenstraße, die das Alte China mit den europäischen Ländern verband, soll nun auch wieder die Handelsbeziehungen von Asien, Europa und dem Nahen Osten aktivieren. Zur Realisierung dieser Strategie hat China im Jahr 2015 den Spezial-Fonds ,Der seidener Weg‘ ins Leben gerufen, der über ein Budget von 40 Milliarden Dollar verfügt.“
Welches Land im Kampf um die ukrainische Landwirtschaft am Ende den Löwenanteil ergattern wird, hängt stark davon ab, wie sich die Corona-Pandemie auf die Weltwirtschaft auswirkt, und wie sich der Ukraine-Konflikt entwickelt.