Politik

EU kriegt Osterweiterung nicht in den Griff

Lesezeit: 2 min
17.05.2013 13:58
Mit Kroatien wird nun ein neues Land dem Schengen-Raum beitreten. Doch schon die bisherige Osterweiterung hat gezeigt, dass die EU die damit verbundenen Probleme nicht im Griff hat. Der Schmuggel von Drogen und Fälschungen hat weiter zugenommen. Dies belastet die Mitgliedsländer mit fehlenden Steuereinnahmen in Höhe von 12,2 Milliarden Euro jährlich.
EU kriegt Osterweiterung nicht in den Griff

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Im Zuge der Osterweiterung der EU sind zahlreiche Länder auch dem Schengen-Raum beigetreten. Doch die damit verbundene Freiheit wird kontinuierlich ausgenutzt. Der Schmuggel nimmt EU-weit zu und die Wege der Waren verlaufen in 80 Prozent der Fälle über den Mittelmeer-Raum und die östlichen EU-Länder. Ein wirtschaftlicher Schaden in Milliarden-Höhe ist die Folge. Wieder einmal wurde erst eine politische Entscheidung durchgeboxt, bevor die dafür notwendigen Angleichungen und rechtlichen Anforderungen in den neuen Mitgliedsstaaten erfüllt waren. Im Fall Kroatiens setzt sich dieser Trend fort, 2015 will das Land auch dem Schengen-Raum beitreten (hier).

Die ersten Länder, die das Schengen-Abkommen unterzeichneten (Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande), hatten sich vor dem Wegfall der Grenzen strenge Regeln auferlegt. Doch mit jeder Erweiterung der EU traten neue Mitgliedsstaaten dem Abkommen bei. Die strenge Einhaltung der ursprünglichen Regeln wurde jedoch vernachlässigt. Ein Fakt, der zu einem massiven Anstieg des Schmuggels geführt hat und den die EU nicht in den Griff bekommt.

Die unterschiedlichen Steuersätze in den EU-Ländern und die stark voneinander abweichenden Kontrollen sind ein  Teil des Problems. Die internationalen Mega-Konzerne tragen auch dazu bei. Sie besetzen den EU-Markt und betreiben massive Lobby-Arbeit in Brüssel (hier). Da die Gegenwart der Riesen-Unternehmen einen Marktzugang für kleine Unternehmen aus osteuropäischen Ländern so schwierig machen, bleibt der Schwarzmarkt oftmals die einzige Alternative für diese. Und sobald entsprechende Strukturen da sind, boomt der Schmuggel. Beim Zigarettenhandel beispielsweise wird dies sehr klar.

Allein durch den Zigaretten-Schmuggel entgehen den Mitgliedsstaaten jährlich etwa 12,2 Milliarden Euro Steuergelder. Seit 2010 sind es 34 Milliarden Euro. Und aufgrund der EU zahlen letztlich alle EU-Länder für den Steuerausfall in den jeweiligen Mitgliedstaaten.

In Deutschland etwa ist jede 5. Zigarette nicht besteuert. Doch nicht nur der Schmuggel von Marken-Zigaretten in andere EU-Länder ist das Problem. Viele Zigaretten in der EU sind nicht einmal Marken-Zigaretten, die in Tschechien beispielsweise auch aufgrund der niedrigen Besteuerung günstiger sind. Ein Großteil der Zigaretten am Schwarzmarkt wird eigens für den Schmuggel produziert und mit Schrott wie geschredderte Cds, Nylon-Fäden, Rattenkot und Chemie-Abfällen zersetzt. Sie sind somit noch erheblich gesundheitsgefährdender als die normalen Zigaretten.

Dass sich der Zigaretten-Schmuggel lohnt, zeigt ein Tunnel, der an der slowakisch-ukrainischen Grenze entdeckt wurde. Allein der Bau dieses 700 Meter langen Tunnels kostete geschätzte eine Million Euro. Würde sich das Geschäft mit den Zigaretten nicht lohnen, hätte der illegale Bau eines solchen Tunnels sich gar nicht erst gelohnt.

Aber auch Drogen- und Medikamente sind beliebte Waren am europäischen Schwarzmarkt. So verläuft über die Balkanstaaten eine der Hauptrouten nach Westeuropa für Heroin mit einem jährlichen Marktwert von  20 Milliarden Dollar, so die UN. Doch richtig profitabel ist auch der Handel bei der Produkt- und Markenpiraterie. „Hier verdienen die Händler mehr als mit dem Drogenhandel“, sagte eine Quelle aus Unternehmenskreisen den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Die Probleme zeigen, dass man nicht beides haben kann: Einen grenzenlosen Markt und die totale Kontrolle eines Oligopols über alle Produkte weltweit. Die einzige Möglichkeit, diese beiden Widersprüche zu vereinen wäre der totale globale Polizeistaat.

So sehr sich das einige wünschen mögen: Ein solcher Apparat ist nicht effektiv und schon gar nicht effizient zu betreiben.

Es mag allerdings noch eine Weile dauern, bis dies alle begriffen haben.

Bis dahin wird noch viel Geld verbrannt in einem Wettlauf der kreativen Kriminalität mit der ihre Befugnisse laufend erweiternden Zentral-Politik.

Die Kosten für diese Entwicklung tragen Steuerzahler und Konsumenten.

Aber das ist ja nun wirklich nichts Neues.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...