Technologie

EZB-Stresstest: Falsche Annahmen bringen das gewünschte Ergebnis

Der EZB-Stresstest wird in einem wesentlichen Punkt von der Realität widerlegt: Die EZB hat die Deflation, die es in weiten Teilen Europa bereits gibt, schlicht ignoriert. Das Ergebnis wird den Bank-Aktien kurzfristig helfen. Doch das böse Erwachen ist unvermeidlich.
27.10.2014 00:46
Lesezeit: 1 min

Der Direktor des ifo-Instituts München, Hans-Werner Sinn, hat den entscheidenden Fehler im Stresstest der EZB herausgefunden. Er sagte Bloomberg: "Die EZB hat es vermieden, das Szenario einer Deflation für Südeuropa zu modellieren, wodurch sich erklärt, warum die Kapital-Lücke so gering für viele Banken ist."

EZB-Vizepräsident Victor Constâncio sagte auf der Pressekonferenz am Sonntag: "Es gibt kein Szenario einer Deflation, weil wir erwarten, dass es keine Deflation geben wird."

Tatsächlich gibt es bereits längst deflationäre Tendenzen in viele Staaten Europas, wie die Grafiken veranschaulichen. Der Finanzblog Zerohedge hat das Problem im Detail analysiert. 

Das Handelsblatt resümiert: "Wir haben Angst vor sinkenden Preisen bei weniger Wachstum. Über genau dieses Szenario hat die EZB aber gar nicht erst nachgedacht. Sie handelt offenbar lieber frei nach dem Motto: Wer zahm prüft, erhält auch nur zahme Ergebnisse. Mit der Wirklichkeit hat das Ganze dann aber wenig zu tun."

Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem frohlockte nach der Bekanntgabe bei Bloomberg bereits, dass die Banken-Krise in Europa mit diesem Stresstest überwunden sei. Er dürfte sich wundern, wenn er sich die Zahlen noch einmal ansieht: Mario Draghis ständige Beschwörungen einer Deflations-Gefahr, die letztlich auch der Grund dafür waren, dass die EZB mit ihrem höchst umstrittenen Ankauf von Kreditverbriefungen (ABS) begonnen hat, basieren nämlich auf viel realistischeren Zahlen als jene, die die EZB ihrem "worst case" unterlegt hat. Und anders als die Projektionen des Tests spiegeln diese Zahlen die harte Realität wider. Die Banken-Krise ist mitnichten vorüber. Die EZB redet sich die Lage schön. Das böse Erwachen ist unvermeidlich.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So gelingt der Einstieg: KI im Personalwesen mit System etablieren
28.06.2025

Künstliche Intelligenz erobert Schritt für Schritt das Personalwesen. Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorne – doch...

DWN
Politik
Politik Familienkonzern Trump: Wie der Präsidenten-Clan Milliarden scheffelt
28.06.2025

Die Trump-Familie vermischt Politik und Profit wie nie: Während Donald Trump das Weiße Haus beherrscht, expandieren seine Söhne mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Social Travel: Hostelworld will Facebook des Reisens werden – mit Milliardenpotenzial
28.06.2025

Hostelworld will nicht länger nur Betten vermitteln, sondern das führende soziale Netzwerk für Alleinreisende werden. Warum der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie mit Rekordhoch: Geht die Aufwärtsrally weiter?
27.06.2025

Trotz Handelskrieg und wachsender Konkurrenz feiert die Nvidia-Aktie ein Rekordhoch nach dem anderen. Experten sprechen von einer...