Politik

Spanien: 80 Prozent der Wähler stimmen für Unabhängigkeit Kataloniens

Das Referendum in Katalonien hat einen klaren Erfolg der Befürworter der Unabhängigkeit von Spanien gebracht. Die spanische Regierung, die zunächst noch auf ein Verbot der Abstimmung durch das spanische Höchstgericht gesetzt hatte, signalisierte am Montag erstmals die Bereitschaft zu einer Verfassungsreform. Der katalanische Premier Artur Mas sagte, seine Regierung wolle darüber nur verhandeln, wenn sein Volk das Recht erhalte, eine verbindliche Volksabstimmung abzuhalten.
11.11.2014 00:05
Lesezeit: 2 min

Etwa zwei Millionen Katalanen haben sich am Test-Referendum für eine Unabhängigkeit von Spanien beteiligt. Das sind etwa 40 Prozent aller stimmberechtigten Katalanen - also fast so viele wie bei der Wahl zum EU-Parlament, an der sich laut spanischer Wahlbehörde 43,8 Prozent der Spanier beteiligt hatten.

1,6 Millionen Wähler stimmten für die Unabhängigkeit - das sind 80 Prozent. Sie beantworteten beide gestellten Fragen mit Ja: "Wollen Sie, dass Katalonien ein eigener Staat wird?" und "Wenn ja, soll dieser Staat unabhängig sein?"

Immerhin 10 Prozent der Wähler sagten, dass Katalonien ein Staat sein, aber bei Spanien verbleiben solle. Nur 4,5 Prozent beantworteten beide Fragen mit Nein.

Ministerpräsident Mariano Rajoy zeigte sich am Montag bereit, über eine Verfassungsreform und eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen den 17 Regionen und der Madrider Zentralregierung zu verhandeln. Der katalanische Präsident Artur Mas kündigte an, er werde der Zentralregierung noch diese Woche ein Verhandlungsangebot unterbreiten, das unter anderem eine größere Beteiligung Kataloniens am Steueraufkommen beinhalten werde. Es werde aber auch die Forderung nach einem verbindlichen Volksentscheid zur Zukunft Kataloniens erneuern. Die Sozialistische Partei schlug vor, Spanien in einen föderalen Staat umzuwandeln.

Die Abstimmung hat keine rechtlich bindende Wirkung - umso bemerkenswerter ist die vergleichsweise hohe Wahlbeteiligung. Das spanische Verfassungsgericht hatte ein offizielles Referendum untersagt, und die Regierung in Madrid lehnt eine Abspaltung Kataloniens strikt ab. Die Regionalregierung in Barcelona verbuchte die Abstimmung dennoch als historischen Erfolg. "Die Katalanen haben deutlich gemacht, dass sie sich selbst regieren wollen", sagte Präsident Mas. "Wir haben uns damit das Recht verdient, ein Referendum zu organisieren."

Der spanische Justizminister Rafael Catala sprach indes in Madrid von einem unnützen Scheingefecht und von politischer Propaganda, die keinerlei juristischen Effekt hätten. Die Zentralregierung beruft sich auf die Verfassung von 1978, die die Einheit Spaniens garantiert.

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die Abstimmung, stärkte der Zentralregierung in Madrid aber vorsichtig den Rücken. "Das ist eine innere Angelegenheit, und über diese Frage muss in Spanien befunden werden", wiederholte Regierungssprecher Steffen Seibert Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Katalonien ist ein reicher Landstrich: Mit 7,5 Millionen Einwohnern stellt die Region 16 Prozent der spanischen Bevölkerung und erbringt 20 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Die Katalanen haben eine eigene Sprache und Kultur. Die Spannungen mit der Regierung in Madrid stiegen in den vergangenen Jahren wegen der Wirtschaftskrise. Viele Katalanen haben das Gefühl, dass sie dem Zentralstaat zu viel abtreten müssen und zu wenig von ihm erhalten. Das Referendum in Schottland ermutigte sie zu der eigenen Abstimmung. Umfragen zufolge sind 80 Prozent der Katalanen für ein Referendum über den Status ihrer Region und 50 Prozent plädieren für deren Unabhängigkeit. Die Befürworter einer Unabhängigkeit hoffen, dass die hohe Beteiligung bei der Volksbefragung die Regierung in Madrid veranlassen könnte, über eine größere politische und finanzielle Eigenständigkeit Kataloniens zu verhandeln.

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