Den Kindern und Jugendlichen von heute wird gemeinhin eine große Kompetenz im Nutzen der Neuen Medien nachgesagt. Eine neue Studie zeigt nun jedoch, dass die Jugendlichen trotz des ständigen Kontakts mit neuen Medien eine viel geringere Kompetenz haben, als angenommen. Ihre Fähigkeiten beschränken sich größtenteils auf den Gebrauch von sozialen Netzwerken und die Nutzung von Spielen sowie YouTube. Geht es aber darum, Computer, Tablets oder Smartphones tatsächlich zur Recherche, zum Erstellen von Dokumenten oder gar zum Programmieren zu nutzen, sind die Jugendlichen plötzlich keine Digital Natives mehr. Die Jugendlichen wissen zwar um diese Art des Umgangs mit neuen Technologien, können sie aber nicht nutzen.
Für die „International Computer and Information Literacy Study“ (ICILS) wurden Achtklässler in insgesamt 21 Ländern getestet. Die Studie testet die Computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schüler, schaut aber auch auf ihren familiären Hintergrund und das schulische Umfeld. „Computer- und informationsbezogene Kompetenzen sind als individuelle Fähigkeiten einer Person definiert, die es ihr erlauben, Computer und neue Technologien zum Recherchieren, Gestalten und Kommunizieren von Informationen zu nutzen“, heißt es in der Studie. Und gleichzeitig die gefundenen Informationen „zu bewerten, um am Leben im häuslichen Umfeld, in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft erfolgreich teilzuhaben“. Mit Blick auf Kompetenzen kommt die Studie bei den Achtklässlern zu dem Ergebnis, dass die Annahme „Kinder und Jugendliche würden durch das Aufwachsen in einer von neuen Technologien geprägten Welt automatisch zu kompetenten Nutzern (…) digitaler Medien, nicht zutrifft“.
Ohne entsprechende Schulung, wie man die neuen Technologien optimal einsetzt, können auch die Jugendlichen nicht zu fähigen Nutzern werden. Dann verbleiben sie auf dem Niveau des Spielens und Chattens. So gaben 82 Prozent aller getesteten Achtklässler der 21 Länder an, dass sie die neuen Technologien mindestens einmal die Woche nutzen, um Musik zu hören (Deutschland 78%). Videos und Filme runterzuladen oder online anzuschauen, gehört auch zu einer der häufigsten Aktivitäten im Zusammenhang mit den neuen Technologien (68%, Dtld.: 54%) (Grafik 1).
Für Recherchezwecke, zum Lernen oder für Schulpräsentationen werden Computer hingegen seltener genutzt. So gaben beispielsweise nur 45 Prozent der befragten Schüler insgesamt an, den Computer zumindest einmal pro Monat zu nutzen, um Aufsätze oder ähnliches vorzubereiten (Deutschland: 42%) (Grafik 2).
Die Studie geht von fünf möglichen Kompetenzstufen aus, die hätten erreicht werden können. Fast die Hälfte aller deutschen Schüler war in der Kompetenzstufe III zu finden, so das Institut für Schulentwicklungsforschung, das für die Studie mit dem ICILS zusammengearbeitet hat. Sie können mit Hilfestellung, Informationen ermitteln, sie bearbeiten und einfache Textdokumente oder ähnliches erstellen. Mehr als ein Viertel (knapp 30%) der deutschen Achtklässler kann aber noch nicht einmal das. Sie erreichten nur die Kompetenzstufe I oder II. Die Kompetenzstufe I bedeutet „rudimentäre rezeptive Fertigkeiten und sehr einfache Anwendungskompetenzen“ wie das Anklicken eines links oder einer E-Mail. (Grafik 3) Angesichts der wachsenden Ansprüche im Umgang mit Computern etc. stellt das Fehlen dieser wichtigen Kompetenzen die Schüler in der Arbeitswelt zukünftig vor große Schwierigkeiten.
Mit einem insgesamt erreichten Leistungsmittelwert von 523 Punkten lag Deutschland leicht über dem internationalen Mittelwert von 500 Punkten (EU: 525 Punkte). Die Studie zeigt aber auch, dass das Kompetenzniveau der Mädchen in Deutschland größer ist als das der Jungen. Zudem spielt auch hier der soziale Hintergrund eine wichtige Rolle. Schließlich geht es bei dem Erwerb von Kompetenzen auch um die Fähigkeit, diverse Neue Medien Zuhause zu nutzen und von den Eltern im Umgang geschult zu werden. Mindestens genauso wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch die Schule. Gibt es ausreichend Computer, werden sie im Unterricht bewusst eingesetzt, wie gut können die Lehrkräfte damit umgehen – all diese Fragen sind entscheidend.
So ist bei der Studie besonders auffällig, dass in keinem anderen teilnehmenden Land Lehrkräfte so selten Computer im Unterricht einsetzen wie in Deutschland. Nur 9,1 Prozent der Lehrer in Deutschland benutzen Computer täglich im Unterricht. Ein Viertel der Lehrkräfte nutzt ihn mindestens einmal die Woche, 29,2 Prozent mindestens einmal im Monat (Grafik 4).