Die Europäische Kommission fördert mit 50 Millionen Euro ein System, das die Daten von Fluggästen unter den Mitgliedstaaten auszutauschen. Vierzehn Mitgliedstaaten starten die EU-Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten (Passenger Name Records, PNR) mit Ende des Jahres. Innerhalb von zwei Jahren soll das Projekt vollständig abgeschlossen sein.
Mit 17,8 Millionen Euro erhält Frankreich den größten Anteil der Förderung, gefolgt von den Niederlanden mit 5,7 Millionen Euro und Ungarn mit fünf Millionen Euro, berichtet EUobserver.
Weitere Fördergelder gingen nach Österreich, Bulgarien, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Schweden.
Ab Januar sollen die nationalen Behörden der Kommission Zwischenberichte zuschicken. Die PNR-Daten seien in „voller Übereinstimmung“ mit den europäischen Datenschutzgesetzen, so die Kommission. Kritiker bewerten dies anders.
Seit 2008 wird die Einrichtung einer EU-Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten diskutiert. Eine Vorlage der Kommission war vom EU-Parlament aus Datenschutzgründen abgelehnt worden. Vorgesehen ist, alle Flüge in oder aus der EU zu erfassen. Den 28 Mitgliedstaaten ist freigestellt, auch innereuropäische Flüge zu verarbeiten. Im Falle einer Errichtung würden rund 60 verschiedene Datensätze protokolliert. Hierzu gehören IP-Adressen von Computern, die zur Buchung benutzt werden, Essensvorlieben oder gemeinsame Hotelbuchungen mit Mitreisenden.
Auch Deutschland beteiligt sich an der flächendeckenden Sammlung der Flugdaten, die auch alle unbescholtenen Bürger betrifft. Detailliere Datensätze wie IP-Adressen von Computern, die zur Buchung benutzt werden, Essensvorlieben oder gemeinsame Hotelbuchungen mit Mitreisenden sollen protokolliert und der Regierung zugänglich gemacht werden. Als Anlass für diese neue Überwachungsmaßnahme wird der Kampf gegen den Terror genannt.
Doch nicht nur Daten von Flugreisen sollen angezapft werden: Wie der Linke-Parlamentarier Andrej Hunko in einer Kleinen Anfrage erfuhr, sollen viel weitere Maßnahmen in Zusammenarbeit mit Interpol geplant sein.
Hunko dazu:
„Die geplante Öffnung Interpol-Datenbanken für private Firmen ist datenschutzrechtlich höchst bedenklich. Vom neuen Interpol-Präsidenten erwarte ich mehr Sachlichkeit in der Debatte um einen entsprechenden Vorstoß“, erklärt der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko zur neuen Interpol-Initiative „I-Checkit“.
Die internationale Polizeiorganisation Interpol unterhält eine elektronische Sammlung gestohlener Reisedokumente (SLTD). Letztes Jahr startete die Organisation das Pilotprojekt „I-Checkit“ mit dem Ziel, Fluglinien Zugriff auf dieses Informationssystems zu gewähren.
Andrej Hunko weiter:
„Interpol warb bereits nach dem Absturz des Malaysia-Airlines-Fluges 370 für ‚I-Checkit‘, als nachträglich festgestellt wurde dass zwei Personen unter falschem Namen eincheckten. Anfangs wurde fälschlicherweise behauptet, es habe sich um ‚Terroristen‘ gehandelt.
Die Bundesregierung bestätigt nun, dass die Pläne viel weitgehender sind:
Die Datenbank soll auch für Schifffahrtsgesellschaften, Hotels und Banken geöffnet werden.
Interpol hatte hierzu Druck aufgebaut und die Meldung lanciert, ‚ausländische Kämpfer‘ würden Ausreisekontrollen umgehen indem sie Kreuzfahrtschiffe für die Einreise in die Türkei nutzen. Einen Beleg dafür bleibt die Organisation schuldig. Auch in EU-Gremien wurde die Information nicht bestätigt. Ich halte das deshalb nicht für glaubwürdig.
Natürlich sind ‚ausländische Kämpfer‘ eine reale Gefahr. Allerdings wird damit plötzlich die Durchsetzung umfangreicher neuer Kompetenzen und Datensammlungen von Polizeibehörden begründet. In diesem Ausmaß konnten wir das zuletzt nach 9/11 beobachten.
Die Auswirkungen der neuen Maßnahmen auf Bürgerrechte und Datenschutz werden kaum erfasst, vielfach handelt es sich um einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre auch von Angehörigen der EU-Mitgliedstaaten. Etliche Vorschläge schlummerten bereits in der Schublade oder wurden von den zuständigen Parlamenten abgelehnt, darunter die europäische Vorratsdatenspeicherung von Fluggastdaten oder die Ausweitung von Kontrollen an den EU-Außengrenzen.
Nun wird versucht, die Maßnahmen über internationale Gremien zwingend vorzuschreiben. Interpol ist mit der Umsetzung der UN-Resolution 2178 gegen ‚ausländischen Kämpfer‘ beauftragt. Ein hierzu gestartetes Maßnahmenbündel fällt mit der Amtsübernahme des Interpol-Generalsekretärs durch den Deutschen Jürgen Stock zusammen. Stock verfügt durch sei früheres Amt als Vizepräsident des Bundeskriminalamtes über gute Kontakte zur Sicherheitsindustrie und hat sich stets für neue Überwachungstechnologien stark gemacht.
Wir dürfen die Initiative zu ‚ausländischen Kämpfern‘ nicht den innenpolitischen Scharfmachern überlassen. Ich plädiere deshalb dafür, Gesetzesverschärfungen nicht im Eiltempo durchzupeitschen. Es gibt keine gesetzgeberischen Sonderrechte für Polizeibehörden. Ich fordere deshalb ausreichend Zeit für eine Auseinandersetzung über die bürgerrechtliche Brisanz der neuen behördlichen Sammelwut.“