Finanzen

Ukraine: Stahl-Industrie ohne Exporte nach Russland im freien Fall

Durch Korruption, Misswirtschaft und Krieg ist die Ukraine als eines der rohstoffreichsten Länder der Erde bankrott. Die Stahl- und Hüttenindustrie der Ukraine, also die Industrie, die auf den Rohstoffen aufbaut, befindet sich im freien Fall. Der Absturz der Weltmarktpreise beschleunigt diese Entwicklung. Die Regierung in Kiew hat bisher nichts unternommen, um gegenzusteuern.
02.03.2015 01:07
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Ukraine besaß bis 2011 die weltgrößten Lagerstätten für Eisenerz. Diese Vorkommen konzentrieren sich in der Region Krywbass, im Zentrum des Landes. Überwiegend kann das Erz dort im Tagebau gewonnen werden. Und neben den bekannten Steinkohlevorkommen im nun umkämpften Donbass-Gebiet sind vor allem die Manganvorkommen der Ukraine bedeutend. Hier besitzt die Ukraine ein Viertel der Weltreserven. Zentrum des Manganabbaus ist die Region Nikopol im zentralen Süden des Landes. Weitere wichtige Erzvorkommen gibt es für Titan, Aluminium und nicht zuletzt Uran.

Industriell am bedeutendsten bleibt allerdings das Eisenerz als wichtigster Rohstoff für die große ukrainische Stahlindustrie. Aber auch Mangan und Titan werden hauptsächlich in der Stahlindustrie verwendet. 2013 stand die ukrainische Stahlindustrie auf Platz 10 in der Weltproduktion und sie produzierte 30% der Exporte des Landes.

 

Allerdings lagen die Produktionszahlen klar unter denen von vor der Finanzkrise. 2007 wurden knapp 43 Millionen Tonnen Stahl produziert, 2013 dagegen nur noch knapp 33 Millionen Tonnen. 2007 lag die Ukraine auch noch auf Platz 8 der weltgrößten Stahlproduzenten. Seitdem sind die Türkei und Brasilien an ihr vorbeigezogen.

Auch zu Beginn der ukrainischen Unabhängigkeit 1992 lagen die Produktionszahlen viel höher, nämlich bei rund 42 Millionen Tonnen Stahl. Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion kollabierten allerdings die Absatzmärkte und bis 1995 hatte sich fast die Stahlproduktion fast halbiert.

Und auch wenn die endgültigen Zahlen für 2014 noch nicht bekannt sind, klar ist, dass das letzte Jahr einen neuen Absturz der Traditionsbranche brachte. So brachte der Konflikt in der Ostukraine die größte Belastung für die ukrainische Stahl- und Hüttenwerke. Immerhin zwei der vier ukrainischen Zentren der Hüttenindustrie sind nun Konfliktgebiet.

Ein großes Problem der ukrainischen Stahl- und Hüttenwerke ist aber auch ihre starke Exportabhängigkeit. Nur 20% der Produktion werden im Land selbst verbraucht, der Löwenanteil von 80% geht dagegen ins Ausland – und hier war Russland traditionell der wichtigste Abnehmer. 2014 wurde dies endgültig den Ukrainern zum Verhängnis.

Schon vor dem aktuellen Konflikt mit Russland versuchte Russland mit Anti-Dumping-Maßnahmen die ukrainischen Lieferungen zu reduzieren. Doch erst nach dem Sturz Janukowitschs im Februar letzten Jahres brachen die ukrainischen Exporte nach Russland regelrecht ein. Das Rekorddefizit in der ukrainischen Zahlungsbilanz spiegelt nicht zuletzt diese Entwicklung wieder.

Offensichtlich war das aber nur der erste Schlag für die ukrainischen Stahlkocher. Der zweite kam jetzt. Im Februar brachen die Weltmarktpreise für Rohstahl ein. An der Londoner Metallbörse werden Rohstahlkontrakte mit nur noch 290 $ pro Tonne gehandelt; im Januar waren es dagegen noch 480 $.

Gegen solche Unbill könnte theoretisch eine stärkere Binnennachfrage helfen. Lewyi Bereg schrieb für das ukrainische Nachrichtenportal lb.ua, dass allein für den Austausch verrotteter Rohrleitungen die Ukraine eine Million Tonnen Stahl benötigen würde. Der Verschleiß bei den ukrainischen Sachanlagen insgesamt werde auf 70% geschätzt. Da schlummert ein riesiges Absatzpotenzial für Stahl.

Doch auch eine Modernisierung der Stahlwerke selbst ist notwendig. So werden etwa noch immer 20% des Stahls nach dem veralteten Siemens-Martin-Verfahren produziert. Und pro Tonne Ausstoß verbrauchen die ukrainischen Anlagen viermal so viel Energie wie die in den führenden Ländern der Welt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...