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Griechenland kann Pleite nur mit weiteren EU-Krediten vermeiden

Im Sommer 2015 wird sich entscheiden, ob Griechenland in der Eurozone verbleibt. Dann benötigt das Land Milliardensummen, um Zinsen zu zahlen und den Schuldendienst an den IWF zu gewährleisten. Sollte das Land im Euroraum bleiben, müsste es auf den Krisenfonds ESM zurückgreifen. Doch im ESM-Vertrag gibt es Klauseln, die einer weiteren Schuldenaufnahme widersprechen.
29.03.2015 00:16
Lesezeit: 2 min

Auf Griechenland kommen in den nächsten Monaten enorme Summen an Rückzahlungen für IWF-Kredite und Roll-Overs, also Verlängerungen von T-Bills (kurzlaufende Staatsanleihen) zu.

Im Sommer 2015 fallen die dicksten Brocken an: Nämlich 4,9 Milliarden im Juli und 3,7 Milliarden im August und zwar für Staatsanleihen und Zinsen. Davon allein 3,5 Milliarden bzw. 3,2 Milliarden zur Rückzahlung der Anleihen an die EZB. Eine genaue Übersicht der Rückzahlungs-Summen bis einschließlich August ist bei Bloomberg einzusehen.

Die Rückzahlung der Schulden aus dem EFSF wurden bis zum Jahr 2022/2024 ausgesetzt. Hier stehen lediglich Zinsen von 0,6 Prozent zur regelmäßigen Zahlung an.

Dem gegenüber stehen Einnahmen aus der letzten Kredit-Tranche aus dem EFSF-Programm in Höhe von 1,8 Milliarden Euro, und zwar sobald das neue Reform-Programm am Montag von der Euro-Gruppe (Finanzminister der Euroländer) gebilligt wird. Vom IWF kann in 2015 eine weitere Tranche über 3,5 Milliarden zur Auszahlung kommen, sowie eine letzte Summe von 5,4 Milliarden Euro in 2016. Über eine Rückzahlung von Zinsgewinne der EZB an Griechenland in Höhe von 1,9 Milliarden wird derzeit noch gestritten. Insgesamt muss das Land allein bis Ende des Jahres 2015 für IWF-Kredite, Anleihen und Zinsen etwa 21 Milliarden Euro aufbringen.

Trotz aller zuletzt medial verbreiteten gegenseitiger Vorwürfen und politischen Spannungen wird die Euro-Gruppe dennoch alles tun, um Griechenland in der Eurozone zu halten. Schon aufgrund des Drucks aus den USA, da das Land Mitglied der Nato ist. Einen „failed State“, also ein Land auf dem Weg in die Unregierbarkeit, wollen sich die USA aus geopolitischen Gründen an der Südostflanke der Nato nicht leisten.

Dazu kommt: Lediglich die ISDA (International Swaps and Derivatives Association) könnte mit dem Ausrufen des Staatsbankrotts Griechenland die Einleitung des Konkursverfahrens veranlassen. Davon wird die ISDA jedoch Abstand nehmen, da ansonsten der CDS-Markt zusammenbrechen würde, mit unabsehbaren Folgen für den internationalen Finanzmarkt.

Ohnehin wäre für europäische Politiker ein „Grexit“ das Eingeständnis des Scheiterns der „Euro-Rettungspolitik“. Das ganze Schuldengebäude würde einstürzen. Somit befindet sich Griechenland in Geiselhaft.

Interessant wird es, wenn das Land spätestens im Sommer 2015 ein drittes „Hilfspaket“, neuerdings umbenannt in „Programm“ benötigt, um das altbekannte Spiel – neue Schulden gegen alte Schulden – weiter zu betreiben. Denn Kredite der Euroländer können im Grunde nur aus dem ESM-Krisenfonds kommen. Artikel 13 1 b) des ESM-Vertrags sagt aus, dass die Europäische Kommission im Benehmen mit der EZB zu bewerten hat, … „ob die öffentliche Verschuldung tragfähig ist“. Griechenland ist bereits seit fünf Jahren faktisch zahlungsunfähig. Die Schulden-Tragfähigkeit ist bereits jetzt bei rund 175 Prozent des Schuldenstands gemessen am Bruttoinlandsprodukt nicht gewährleistet. Hinzu kommt, dass Griechenland derzeit ein Ranking von „CCC“ aufweist, also Ramschniveau. Eine Unterstützung Griechenlands aus dem ESM verstieße demnach gegen den bilateral geschlossenen Vertrag.

Ferner besagt ESM-Artikel 22,1: „In Einklang mit den Leitlinien, die vom Direktorium zu beschließen und regelmäßig zu überprüfen sind, führt der Geschäftsführende Direktor für den ESM eine umsichtige Anlagepolitik durch, um diesem die höchste Bonität zu sichern.“

Von vornherein „verlorene Kredite“ wären demnach keine „Kredite“, sondern Subventionen bzw. verbotene Beihilfen. Solcherart notleidende Assets würden sich auf die Bonität des ESM durchschlagen, was Artikel 22,1 widerspricht.

Experten schätzen, dass Griechenland in jedem Jahr rund 20 Milliarden Euro benötigt, um den Schuldendienst zu gewährleisten und den Staat am Laufen zu halten. Allerdings will die Regierung laut dem neuen Reform-Papier, das Anfang der Woche in Brüssel vorgelegt werden soll, im Haushalt jährlich drei Milliarden Euro einsparen.

Nach Ansicht von Fachleuten benötigt Griechenland für einen dauerhaften, konfliktfreien Verbleib im Euroraum 50 Prozent an Exporten. Derzeit betragen diese gerade einmal 25 Prozent. Bleibt Griechenland also im Euroraum, so besteht die Aussicht auf jahrelange Alimentierung durch die Steuerzahler der Euroländer.

 

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