Ein Paradigmenwechsel zeichnet sich ab. Audi hat es erstmals geschafft, kohlenstoffneutrale Brennstoffe herzustellen.
In einer Pilot-Fabrik in Dresden wurde der Versuch durchgeführt. Das dortige Audi-Werk wird von der Technologieschmiede Sunfire geführt. Täglich sollen dort in den kommenden Monaten 160 Liter synthetischer Diesel produziert werden. Das gab Audi per Pressemeldung bekannt.
Einen prominenten ersten Testfahrer gibt es auch schon. Forschungsministerin Johanna Wanka bekommt von Audi einen A8 3.0 TDI gestellt, der die zusätzliche Beschreibung „clean diesel quattro“ trägt. Wanka zeigt sich beeindruckt von der Anlage und dem Projekt: „Wenn es uns gelingt, CO2 breit als Rohstoff einzusetzen, leisten wir einen entscheidenden Beitrag zu Klimaschutz und Ressourceneffizienz und ebnen den Weg hin zu einer Green Economy.“
Allerdings ist mit dem erfolgreichen Test in der Herstellung nur der erste Dominostein gefallen. Allein die geringe Produktionsmenge von 160 Litern pro Tag zeigt, dass es sich hierbei mehr um ein Entwicklungsprojekt handelt, als um Serienreife. Die Alchemie hat das Wunder bewirkt und quasi flüssiges Gold hergestellt. Jetzt starten längere Tests, bevor weiter geplant wird.
Audi weiß, dass sie eine kleine Revolution bewirken können und dementsprechend vorsichtig gehen sie vor. In den kommenden Monate sollen etwa 3.000 Liter produziert und zahlreiche Tests durchgeführt werden. Es gibt nämlich auch noch keine offiziellen Emissionswerte von dem sogenannten „e-diesel“.
Diese und viele weitere Informationen werden sicherlich im Laufe der Zeit veröffentlicht. Zumindest ist jetzt bereits bekannt, wie das Verfahren abläuft, mit dem der Autobauer den künstlichen Dieseltreibstoff herstellt. So liefert sciencealert.com dazu eine passende Grafik.
Zuerst wird dabei Wasser verdampft. Der über 800 °C heiße Dampf wird dann per Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff gespaltet. Beide Verfahren – die Erwärmung und die Spaltung – sind ökologisch und nachhaltig ausgerichtet. So wird Wasser dank Wärmerückgewinnung erhitzt, die effizienter sei als herkömmlichen Methoden. Die Hochtemperaturelektrolyse dagegen kann sich an die Spitzenzeiten beim Ökostrom ausrichten und somit genau dann arbeiten, wenn die Stromnetze besonders viel Ökostrom bekommen.
Im Anschluss an die Spaltung gibt es noch zwei weitere Prozeduren bei der Entwicklung. Dabei reagiert der Wasserstoff unter Druck mit dem Kohlendioxid. Als Ergebnis gibt es laut Audi eine flüssige und langkettige Kohlenwasserstoffverbindung, die sie „Blue Crude“ nennen
Doch nicht nur das gesamte Verfahren ist auf ökologischen Ressourcen aufgebaut – auch die Effizienz kann sich sehen lassen. Von Strom aus erneuerbaren Energiequellen bis hin zum flüssigen Kohlenwasserstoff beträgt der Wirkungsgrad schier unglaubliche 70 Prozent.
Eine Raffinerie wird übrigens immer noch benötigt. Denn genau wie beim aktuellen fossilen Rohöl wird Blue Crude dort veredelt, damit als Endprodukt Audi e-diesel herauskommt. Ein spezielles Merkmal von Audis synthetischem Diesel ist das völlige Fehlen von Schwefel und Aromaten. Außerdem sei die Cetanzahl besonders hoch. Das ist generell ein Qualitätsmerkmal von leicht entzündlichem Dieselkraftstoff.
Audi selbst sieht seinen neuen e-diesel entweder als Beimischung zu gewöhnlichem Diesel oder als eigenständigen Kraftstoff. Letztlich werden auch die Produktionskosten darüber entscheiden, ob es den Ökodiesel in reiner Form zu kaufen geben wird.
Sunfire und Audi arbeiten bereits seit Mai 2012 an diesem Projekt. Im Juli 2013 wurde mit dem Bau der Anlage in Dresden begonnen. Im November 2014 startete die Versuchsreihe. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat die Arbeit zusätzlich unterstützt.
Wissenschaftler aus Japan und China haben eine ähnliche Methode entwickelt, die den Verbrennungsprozess quasi umkehrt: Statt fossile Brennstoffe wie Erdöl oder Erdgas zu CO2 zu verbrennen, ließe sich aus dem klimaschädlichen Abgas der eigentliche Brennstoff zurückgewinnen. Damit wäre es möglich, das CO2 sozusagen zu „recyceln“.