Politik

EU-Plan vor dem Scheitern: Frankreich lehnt Quote für Flüchtlinge ab

Lesezeit: 2 min
17.05.2015 01:09
Der EU-Plan, die Flüchtlinge in Europa nach Quoten aufteilen zu wollen, droht bereits kurz nach seiner Bekanntgabe zu scheitern: Frankreich lehnt die Quote ab, zuvor hatte bereits Polen mitgeteilt, keinesfalls mehr Flüchtlinge aufnehmen zu wollen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Der französische Premierminister Manuel Valls hat die Opposition Frankreichs gegen Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen in der EU bekräftigt. «Ich bin gegen Quoten, das entsprach noch nie der Position Frankreichs», sagte Valls am Samstag in Menton an der französisch-italienischen Grenze. Damit gerät der EU-Plan zur Aufteilung der Flüchtlinge bereits sehr bald nach seiner Bekanntgabe ins Wanken: Zuvor hatte bereits Polen angekündigt, keinesfalls mehr Flüchtlinge aufnehmen zu wollen.

Allerdings brauche Europa eine Asylpolitik, und «Frankreich hat seine Asylpolitik reformiert, um sie effizienter zu gestalten», sagte der Regierungschef, der dort Grenzposten besuchte.

An der Grenze zu Italien hat die Polizei in den letzten Tagen Hunderte illegaler Flüchtlinge festgenommen. Die meisten wurden nach Presseberichten sofort nach Italien zurückgeschickt. Sie waren aus Libyen oder Tunesien mit Booten in Italien gelandet, und stammten zumeist aus dem Sudan, aus Somalia, Äthiopien und Eritrea.

Nach dem von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verteilungsschlüssel müsste Deutschland am meisten Flüchtlinge aufnehmen. Dabei wird zwischen Migranten unterschieden, die bereits in Europa sind, und solchen in Staaten außerhalb Europas. Beide Pläne bedürfen noch der Zustimmung der EU-Staaten und des Europaparlaments.

Deutschland müsste laut Vorschlag mit 18,42 Prozent anteilig die meisten Flüchtlinge in der EU aufnehmen. An zweiter Stelle stünde Frankreich mit 14,17 Prozent gefolgt von Italien mit 11,84 Prozent. Auf Spanien würde ein Anteil von 9,1 Prozent entfallen. Das geht aus einer Tabelle hervor, die die EU-Kommission am Mittwoch als Teil ihrer Einwanderungsagenda veröffentlichte.

Die Gesamtzahl der Flüchtlinge, die von diesem Schlüssel betroffen wäre, bleibt offen. Eine Zahl will die EU-Kommission erst nennen, wenn sie Ende Mai einen konkreten Gesetzesvorschlag macht.

Die Quoten sollen die Mittelmeerländer, wo verhältnismäßig viele Bootsflüchtlinge ankommen, entlasten. Laut Tabelle müsste etwa Griechenland lediglich 1,9 Prozent aufnehmen, der kleine Inselstaat Malta nur 0,69 Prozent. Bei der Berechnung werden mehrere Faktoren berücksichtigt: die Wirtschaftsleistung des Aufnahmelandes, die Bevölkerungsgröße, die Arbeitslosenquote sowie die Zahl der bereits aufgenommenen Asylbewerber und umgesiedelten Flüchtlinge.

Der Schlüssel soll für eine gerechtere Verteilung sorgen. Bisher kommt es in erster Linie darauf an, in welchem Land ein Flüchtling erstmals den Boden der Europäischen Union betreten hat.

Der Schlüssel würde alle EU-Staaten umfassen, mit Ausnahme Großbritanniens, Irlands und Dänemarks. Diese Länder sind nicht Teil der Aufstellung, weil sie in diesem Politikbereich nicht an europäischen Gemeinschaftsaktionen teilnehmen müssen.

Für die Umverteilung kämen Menschen infrage, die schutzbedürftig sind. Die endgültige Entscheidung über ihren Asylantrag würde aber das Aufnahmeland treffen.

Die EU will außerdem Länder außerhalb Europas entlasten, die vielen Flüchtlingen etwa aus dem syrischen Bürgerkrieg Zuflucht gewährt haben. Für die geplante Aufnahme von rund 20 000 Flüchtlingen schlägt die EU-Kommission ebenfalls Quoten vor, diesmal zur Verteilung auf alle 28 EU-Staaten. Demnach würden auf Deutschland 3086 Personen oder 15,43 Prozent entfallen. Frankreich stünde wiederum an zweiter Stelle mit 2375 Menschen (11,87 Prozent). Für Großbritannien empfiehlt die EU-Kommission 2309 Personen (11,54 Prozent).


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...