Bundeskanzlerin Angela Merkel hat offenbar damit begonnen, CDU-Abweichler ins Kanzleramt zu bitten – um sie auf die nächsten Milliarden-Kredite für Griechenland vorzubereiten. Merkel argumentiert wie die Amerikaner mit der geostrategischen Bedeutung Griechenlands als Nato-Land.
Die europäischen Steuerzahler dürfen sich offenbar auf die nächsten Kredit-Welle an Griechenland vorbereiten. Wie der Nachrichtendienst Bloomberg berichtet, hat die Kanzlerin streng vertraulich mögliche Kritiker ins Kanzleramt in „kleinen Gruppen“ eingeladen, um die Abgeordneten entsprechend auf Linie zu bringen. Demnach soll die Kanzlerin laut eines Teilnehmers, der aus verständlichen Gründen auf Anonymität besteht, gesagt haben: Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone enthält das „Risiko politischer Instabilität in der Region“. Diese Argumentation verfolgt die US-Regierung seit Monaten – und hat bisher keinen Zweifel daran gelassen, wegen der Nato auf dem Verbleib Griechenlands im Euro zu bestehen.
Merkel hat offenbar Sorge, dass die Zahl der Abgeordneten wächst, die sich gegen neue Steuergelder für das europäische Schulden-System aussprechen. Am Dienstag trifft sich die CDU-Spitze im geschlossenen Kreis, um Strategien zu beraten, wie man eine „Revolte“ in der Partei verhindern könne, wie Bloomberg den Aufstand der Dissidenten nennt. Bloomberg schätzt, dass bis zu einem Drittel der Bundestagsabgeordneten anderer Meinung sein könnten als Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Deshalb ist es für die Kanzlerin nun wichtig, ihren Parteifreunden die neuen Kredite schmackhaft zu machen, indem betont wird, dass man den Griechen mit äußerster Härte neue Opfer abverlangt habe.
Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande gaben in Berlin ein eindeutiges Bekenntnis zu Griechenland im Euro: „Wir wollen, dass Griechenland in der Eurozone bleibt, wir wollen aber auch eine tragfähige, langfristige Lösung, damit wir nicht immer diese Unsicherheiten haben.“ Der Finanzbedarf Griechenlands sei aktuell so, dass man nicht warten könne. „Da müssen Finanzmittel gefunden werden“, sagte Hollande. Es ist nicht besonders schwer zu erraten, wo diese Finanzmittel gefunden werden könnten.
In Riga könnte nach Diplomatenangaben der Grundstein für eine Einigung im Streit um neue Finanzhilfen für Griechenland gelegt werden. Angaben aus Brüssel zufolge hat die Regierung in Athen erstmals eine substanzielle Reformliste vorgelegt. Sie werde nach einer ersten Prüfung für deutlich weitreichender gehalten als alle vorherigen Entwürfe und beinhalte auch Pläne für Anpassungen im Rentenbereich, hieß es am Dienstag.
Im Bundestag wird sich die originelle Konstellation ergeben, dass auch die Linkspartei neue Kredite an Griechenland nicht rundweg ablehnen wird können - immerhin würden sie mit ihrer Zustimmung ihren Parteifreunden von der Syriza ein starkes Zeichen der Solidarität nach Athen übermitteln.
Griechenland konnte die aktuelle Rate an den IWF nur noch zahlen, indem die „Special Drawing Rights“ des Landes angezapft wurden. Diese Papiere sind eine Art eiserne Notreserve, die es Staaten ermöglichen, kurze Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Als dauerhafte Finanzierung taugen sie nicht, weil sie, anders als die Kredite von den europäischen Steuerzahlern, endlich sind.
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis verkündete in Griechenland seinerseits, dass man unmittelbar vor einer Einigung mit den Gläubigern stehe und eine offizielle Staatspleite Griechenlands nicht stattfinden werde.
Die EZB leistet offenbar ihren Beitrag und interveniert im Bondmarkt, um die aufkommende Unruhe im Keim zu ersticken. Direktoriumsmitglied Benoit Coeuré hat in Kalifornien einige Interna an eine Versammlung von Hedgefonds geleakt, wie Bloomberg berichtet. So teilte er einem illustren Kreis mit, dass die EZB ihr Ankaufprogramm intensivieren werde. Ob die Spekulanten die Insider-Informationen genutzt haben, um damit kurzfristige Profite zu machen, ist anhand der aktuellen Marktdaten nicht nachzuvollziehen. Die Euro-Staatsanleihen verbilligten sich erst, nachdem die neue Strategie der EZB öffentlich bekannt geworden ist.