Finanzen

Griechenland: Neue Reparations-Forderungen an Deutschland

Das Finanzministerium in Athen beziffert die Forderungen aus dem Zweiten Weltkrieg gegenüber Deutschland zwischen 280 und 340 Milliarden Euro und spricht von einer „unbezahlten Wiedergutmachung“ für Griechenland. Der Betrag könnte ein Teil im Poker mit der EU sein, um einen Schuldenschnitt für Griechenland durchzusetzen.
07.06.2015 01:43
Lesezeit: 1 min

Die seit rund vier Monaten laufenden Verhandlungen zwischen Athen und den internationalen Kreditgebern sind noch immer nicht zum Abschluss gekommen. Es steht das Angebot, 10,9 Milliarden Euro aus dem EFSF – ein Betrag, der ursprünglich für die Bankenrekapitalisierung vorgesehen war und bisher zurückgehalten wurde –umzuwidmen und zur Finanzierung Griechenlands bis über den Sommer hinaus zur Verfügung zu stellen, sozusagen als Überbrückungs-Hilfe an den griechischen Staat bis zur Aushandlung eines dritten „Programms“.

Dies setzt jedoch voraus, dass sich Griechenland mit den „Institutionen“ einigt, wodurch das Land auch die ausstehenden 7,2 Milliarden Euro aus den Krediten von EFSF und IWF bis Ende Juni erhalten könnte. Außerdem ist die Verlängerung des Ende Juni auslaufenden Hilfsprogramms um mehrere Monate als Option im Gespräch.

Auf Antrag der griechischen Zentralbank gewährte der IWF der Regierung in Athen Aufschub für die am Freitag fällige Kredittranche in Höhe von 300 Millionen Euro. Alle in Juni fälligen Raten von insgesamt 1,6 Milliarden Euro müssen demnach erst am Monatsende gezahlt werden, erklärte ein IWF-Sprecher am Donnerstag. Beim IWF ist in diesem Zusammenhang von der „Sambia-Option“ die Rede, benannt nach dem afrikanischen Land, das in den 80er Jahren als IWF-Schuldner von einer Zahlungsaussetzung Gebrauch machte.

Zeitgleich kommt nun am Donnerstag ein griechischer Untersuchungsausschuss zu dem Ergebnis, dass Deutschland dem griechischen Staat „unbezahlte Reparationsforderungen“ in Höhe von 280 bis 340 Milliarden Euro schulde. Dies meldet die griechische Tageszeitung Kathimerini.

Fünf Beamte aus dem griechischen Rechnungshof – der dem Finanzministerium zugeordnet ist – erschienen laut Kathimerini vor dem Untersuchungsausschuss. Demzufolge sei das Gremium unter Leitung von Panayiotis Karakousis zu dem Ergebnis gekommen, dass sein Team keine Beweise dafür gefunden hat, dass Griechenland auf seinen Anspruch auf die im Zweiten Weltkrieg entstandenen Reparationen verzichtet hat.

Der 66-jährige Karakousis, den das Finanzministerium wieder aus der Pension geholt hatte, sagte schon Ende letzten Jahres: „Wir sind Technokraten. Ich habe meine Wut beiseitegelegt und versucht, alles objektiv zu berechnen. Und ich möchte betonen, unsere Untersuchungen haben kein politisches Ziel, und sie haben nichts zu tun mit der Kredithilfe für Griechenland.“.

Der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas hatte Anfang April die Reparationsforderungen Griechenlands für die Zeit des Nationalsozialismus auf 278,7 Milliarden Euro beziffert. Auf diese Summe kam nach einer ersten Auswertung ein Parlamentsausschuss, der sich mit den Entschädigungen befasste.

Bereits bei seiner Berlin-Visite Ende März hatte Premier Alexis Tsipras der deutschen Kanzlerin mitgeteilt, ihr Land habe eine moralische Pflicht, die Angelegenheit zu regeln. Tsipras hatte dabei aber keine konkreten Zahlen genannt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...