Politik

Putin hat Zeit: Schwacher Rubel und EU-Sanktionen helfen russischer Wirtschaft

Lesezeit: 2 min
17.06.2015 10:46
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat in einer Analyse ein Paradox zu Tage gefördert: Die Mischung aus Rubel-Verfall, niedrigen Ölpreisen und EU-Sanktionen ist für Russland ausgesprochen vorteilhaft. Die russische Handelsbilanz bleibt ausgeglichen, die heimische Wirtschaft wird angekurbelt. Russlands Präsident kann den aktuellen Zustand sehr lange durchhalten.
Putin hat Zeit: Schwacher Rubel und EU-Sanktionen helfen russischer Wirtschaft

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) - (aus iwd25/2015):

Die Abwertung des Rubels gegenüber dem Dollar hat dazu geführt, dass Russland trotz des niedrigen Preises für das schwarze Gold gut zurechtkommt. Selbst wenn ein Barrel nur noch rund 40 Dollar kosten würde, wäre das kein großes Problem für Präsident Putin – seine Importe könnte er damit immer noch finanzieren.

Aufgrund der zusätzlichen Fördermengen durch das Fracking war der Ölpreis für die Sorte Brent im Januar 2015 auf unter 50 Dollar pro Barrel gesunken und hatte sich da- mit innerhalb eines halben Jahres mehr als halbiert.

Zwar hat sich der Ölpreis seitdem wieder etwas erholt – er pendelt derzeit um die 65 Dollar pro Barrel. Dennoch stehen jene ölexportierenden Länder, die sowohl ihre Importe als auch ihre Staatsausgaben mit dem schwarzen Gold finanzieren, vor massiven Problemen.

Normalerweise jedenfalls – doch bei Russland ist das etwas anders. So ist die Nachfrage nach Öl relativ unelastisch – der Ölkonsum verändert sich bei fallenden oder steigenden Preisen nur wenig. Und da der Handel in Dollar abgewickelt wird, bekommt Russland für seine Ölexporte derzeit nur noch halb so viele Dollar wie vor sechs Monaten. Weil sich jedoch auch der Rubelkurs wegen der Ukraine-Krise halbiert hat, gibt es für 50 Dollar doppelt so viele Rubel wie zuvor.

Unter dem Strich sind die Rubel­einnahmen also konstant geblieben und Russland kann seine Staatsaus­gaben wie gewohnt aus seinen Ölein­nahmen finanzieren.

Die Einfuhr ausländischer Güter hat sich jedoch massiv verteuert. Schon deswegen kaufen die Russen inzwischen häufiger heimische Produkte – made in EU ist den Konsumenten und Investoren oft schlicht zu teuer.

Hinzu kommen die Ausfuhrbeschränkungen der Amerikaner und Europäer für bestimmte Produkte. Dieser Effekt hat die Handelsbilanz, die sich aus der Differenz zwischen Exporten und Importen ergibt, positiv beeinflusst.

Der Ölpreis könnte sogar noch weiter fallen – und die russische Handelsbilanz wäre immer noch im Plus. Das jedenfalls haben Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) ergeben. Dabei unterstellt das IW Köln aufgrund fehlender aktueller Daten, dass sich die Ölausfuhren und andere Exporte seit dem Jahr 2013 nicht verändert haben:

Russland bräuchte bei dem derzei­tigen Rubelkurs nur einen Rohölpreis von 43 Dollar pro Barrel, um dennoch eine ausgeglichene Handelsbilanz zu haben.

In der Realität liegt dieser Schwellenwert voraussichtlich noch niedriger, weil durch die Rubelabwertung höhere Exporte – bei niedrigeren Importen – zu erwarten sind.

Mit dem derzeitigen Ölpreis locker zurechtkommen dürften auch viele OPEC-Mitglieder. Kuwait zum Beispiel gleicht seine Handelsbilanz bereits bei einem Ölpreis von 5 Dollar pro Barrel aus, weil es wegen seiner massiven Ölausfuhren einen Handelsbilanzüberschuss von aktuell 43 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausweist.

Saudi-Arabien dagegen benötigt einen Preis von 70 Dollar je Barrel. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Scheichs ihre Währung seit dem Crash nicht abgewertet haben.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...