Politik

Österreich geht auf Distanz zu Merkel: „Keine positive Rolle“

Lesezeit: 1 min
16.07.2015 00:18
Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann hat Wolfgang Schäuble massiv attackiert und ihm vorgeworfen, er habe die Konsequenzen einer Rauswurf Griechenlands falsch dargestellt. Deutschland habe in dem Fall eine negative Rolle gespielt.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Nach Italien, Spanien und Frankreich geht auch Österreich auf Distanz zur harten Haltung Deutschlands im Streit um Griechenland. Bundeskanzler Werner Faymann sagte in einem Interview mit dem Standard:

„Finanzminister Schäuble hat mit diesem sogenannten harten Kurs bewirkt, dass manche den Eindruck hatten, vielleicht nützt es uns, wenn Griechenland aus der Währungszone herausfällt, vielleicht zahlen wir dann weniger. Das halte ich für ganz verkehrt. Es ist moralisch nicht richtig, das wäre der Beginn eines Zerfalls. Und niemand kann wissen, was als Nächstes passieren würde. Deutschland hat hier eine führende Rolle übernommen in Europa – und in dem Fall keine positive. Außerdem hat Schäuble nicht dazugesagt, was die humanitäre Hilfe gekostet hätte, die man bei einem Grexit auch leisten hätte müssen.

Finanzminister Hans Jörg Schelling hat diese mit 50 Milliarden beziffert. Selbst für die kühlen Rechner Europas wurde nicht die Wahrheit gesagt, was ein Hinauswurf Griechenlands eigentlich gekostet hätte und welche Konsequenzen ein Zerfall hätte – politisch, moralisch, aber auch wirtschaftlich. Daher war die Darstellung des deutschen Finanzministers falsch.

Österreich hat noch eine wichtige Rechnung mit Deutschland offen: Die Österreicher sind verbittert, dass sie von Merkel gezwungen wurden, im Fall der Russland-Sanktionen mitzuziehen. Die österreichische Wirtschaft ist von den Sanktionen besonders betroffen. In Wien herrscht Verärgerung darüber, dass die genuin europäischen Interessen hinter den transatlantischen Pakt gestellt werden müssten.

Österreich hat allerdings eine spezielle Situation: Wegen der Desasters mit der Hypo Alpe Adria hat das Land faktisch keinen Spielraum mehr. Außerdem muss die Republik das de facto bankrotte Bundesland Kärnten mitschleppen. Viele Beobachter sind der Auffassung, dass das Kärnten-Fiasko dem Griechenlands in nichts nachstehe. Auch hier haben Größenwahn, Korruption und Selbstbedienung durch politische Seilschaften ein Land ruiniert. Es ist daher fiskalpolitisch durchaus denkbar, dass Österreich nicht, wie von Schäuble angedacht, Teil einer Kern-Eurozone sein wird, sondern wegen seiner schlechten Finanzpolitik eher den Süd-Staaten zugerechnet wird.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Litauen: Rheinmetall will 180 Millionen Euro in Munitionsfabrik investieren
03.06.2024

Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall plant eine 180 Millionen Euro teure Munitionsfabrik sowie eine Artilleriefabrik in...

DWN
Finanzen
Finanzen Ex-Bundesbankchef Axel Weber: Die Gefahr vorzeitiger Zinssenkungen der EZB
03.06.2024

Die Europäische Zentralbank steht kurz davor, einen neuen Zinssenkungszyklus einzuleiten, nachdem die Inflationsraten im Euroraum deutlich...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungskrise: Wo die Mieten in Deutschland am stärksten steigen
03.06.2024

Seit Jahren steigt der Druck auf den Mietmarkt in Deutschlands Großstädten. Neue Zahlen zeigen nun: Kräftig teurer wird es auch in...

DWN
Politik
Politik "Kleine Energierevolution": Halbe Million Balkonkraftwerke am Netz
03.06.2024

Die Zahl der Mini-Solaranlagen in Deutschland hat sich seit Mitte vergangenen Jahres mehr als verdoppelt. Inzwischen gelten weniger...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Traditionsbruch nach 90 Jahren: Kritik am Umzug von Spielzeughersteller Schleich nach München
03.06.2024

Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold (CDU), hat stocksauer auf den Umzug des Spielwarenherstellers Schleich nach...

DWN
Politik
Politik Demografie: Bevölkerung in der EU altert rasant
03.06.2024

Europa überaltert: Der Anteil der Über-65-Jährigen in der Europäischen Union dürfte bis zum Jahr 2070 auf rund 30 Prozent steigen,...

DWN
Politik
Politik DWN-SERIE zur Europawahl (Teil 7): Das Wahlprogramm der CDU/CSU für die EU
03.06.2024

Am Sonntag, dem 9. Juni, findet in Deutschland die Abstimmung zur Europa-Wahl statt. Erstmals werden auch 16-Jährige über die...

DWN
Politik
Politik Streit um Stromautobahnen: Erdkabel oder Freileitungen für die Energiewende?
03.06.2024

Ohne neue Leitungen kommt Windstrom aus dem Norden nicht in den Süden. Doch muss der Strom-Transport unbedingt über teure Erdkabel...