Politik

Neuer IWF-Ökonom: Deutschland soll Schulden von Süd-Europa übernehmen

Der neue IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld ist der Auffassung, dass Griechenland längst pleite ist und stimmt der Auffassung zu, dass Deutschland ohne Auflagen die Schulden der europäischen Schuldenstaaten übernehmen sollte. Er dürfte ein harter Verhandler für Angela Merkel werden.
21.07.2015 18:53
Lesezeit: 2 min

Der neue IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld hat klare Positionen über die Struktur der Euro-Zone. Er ist einer der einflussreichsten Ökonomen in den USA und war unter anderem Wirtschaftsberater für Präsident Barack Obama.

Als Ökonom hat er regelmäßig an den Befragungen des Booth IGM Experten-Forums in Chicago teilgenommen. Bei diesen Befragungen müssen die Ökonomen sagen, ob sie bestimmten Aussagen zustimmen oder nicht.

Im April sagte Obstfeld auf die Frage, ob er die Pleite von überschuldeten Staaten wie Griechenland oder Portugal für „unwahrscheinlich“ halte, dass er dem nicht zustimme: „Die Märkte mögen glauben, dass es im Hinblick auf die Staatsanleihen unwahrscheinlich ist, dass es zu einer Pleite kommt. Das bedeutet nicht, dass es für immer ausgeschlossen werden kann: Die Schuldenlast von Griechenland ist immer noch hoch.“

Bereits im September 2012 hatte Obstfeld gesagt, er sei sich nicht sicher, ob ein substantieller Schuldenschnitt für Griechenland, Irland, Italien, Portugal oder Spanien nicht dazu führen könnte, dass die Euro-Zone wieder wachsen könnte: „Griechenland ist schon pleite, und die Staatsschulden sehen so aus, als seien sie nicht tragfähig.

Obstfeld hat eine klare Meinung darüber, dass Deutschland die Schulden der Euro-Zone übernehmen sollte. Mit 10 Punkten beantwortete er im Juni 2012 die folgende Frage mit einem klaren „Ja“:

„Wäre es für die Euro-Zone besser, wenn Deutschland als Backstop für die die Schulden der südlichen Staaten Europas auftreten würde – und zwar ohne Vorbedingungen wie Arbeitsmarktreformen und künftige Kontrolle der Haushalte?“

Ebenfalls 10 Punkte an Zustimmung gab Obstfeld auf die Frage, dass die „deutsche Wirtschaft mehr Schaden nehmen würde, wenn Deutschland den Süd-Staaten einen bedingungslosen Bail-Out“ anbietet.

Im Jahr 2013 hatte Obstfeld ebenfalls diesen Backstop gefordert, also die institutionelle Vergemeinschaftung der Schulden in der Euro-Zone. Eine solche sei ebenso notwendig wie eine gemeinsame Einlagensicherung und eine echte Banken-Union:

Man kann also davon ausgehen, dass Obstfeld die US-Position unterstützt, wonach Griechenland einen Schuldenschnitt benötige. Der IWF hatte dies zur Bedingung gemacht, um sich an einem dritten „Rettungspaket“ zu beteiligen. Angela Merkel lehnt dies offiziell ab, wie sie zuletzt in der ARD sagte.

Ob dies auch die Position in den Verhandlungen ist, ist unklar: EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici sagte einem Bericht von Kathimerini zufolge, die Euro-Finanzminister seien sich bei ihrem jüngsten Treffen einig gewesen, dass die griechische Schuldenrückzahlung weiter in die Zukunft geschoben werden solle und es überdies Zinserleichterungen geben solle.

Bereits jetzt ist die griechische Regierung bis 2020 befreit, Zinsen oder gar Tilgung an die EU-Steuerzahler zu leisten. Die Zahlungen an den IWF und die EZB sind dagegen zu leisten: So hat die Regierung in Athen den Großteil ihrer Zahlungen aus dem EFSM, also dem Geld der europäischen Steuerzahler, umgehend an die EZB und den IWF weitergeleitet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pokémon-Karten als Geldanlage: Hype, Blase oder Millionen-Geschäft?
03.07.2025

Verstaubte Karten aus dem Kinderzimmer bringen heute tausende Euro – doch Experten warnen: Hinter dem Pokémon-Hype steckt eine riskante...

DWN
Finanzen
Finanzen Politische Unsicherheit: Warum Anleger jetzt Fehler machen
03.07.2025

Trumps Kurs schürt Unsicherheit an den Finanzmärkten. Wie Anleger jetzt kühlen Kopf bewahren und welche Fehler sie unbedingt vermeiden...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung: Harsche Kritik der Wirtschaftsverbände
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...