Unbemerkt von der Öffentlichkeit fielen die Werte griechischer Bankanleihen, nachdem die Gläubiger Griechenlands (mehrheitlich die europäischen Steuerzahler) beim dritten Kreditpaket von 86 Milliarden Euro auf einen „bail-in“ für griechische Bankkunden verzichtet hatten. Ursache war die Erklärung von Jeroen Dijsselbloem, Chef der Eurogruppe, der unlängst konstatierte, dass Bankkunden vor einem „Bail-in“ geschützt werden und somit die Konteninhaber vor den Folgen der Umstrukturierung des griechischen Finanzsystems abgeschirmt werden. Dijsselbloem betonte: „Ein Bail-in der Konteninhaber ist explizit ausgeschlossen“. Dies bezog sich auf die Vorschriften der Europäischen Union, die ab 1. Januar 2016 für Bankenabwicklungen oder Neustrukturierungen gelten. Deshalb wird eilends an einer Bankenrekapitalisierung über den ESM noch vor Ende des Jahres gearbeitet.
Anders als im Fall Zypern werden also griechische Bankkunden nicht zu einem „bail-in“ herangezogen. Größere Beträge über 100.000 Euro – sofern noch auf den Konten vorhanden – dürften in der Mehrheit von kleinen und mittelgroßen Unternehmen stammen. Sie sollen nicht zur Kasse gebeten werden, um die Wirtschaft nicht noch weiter in die Rezession zu treiben. Allerdings sind die Inhaber von sogenannten Senior-Bonds – auch erstrangige Anleihen genannt – von diesem Schutz ausgenommen. Es wird zwischen „Senior Secured Bonds“ und „Senior Unsecured Bonds“ unterschieden (Anleihen mit Sicherheit und ohne Sicherheit). Die Entscheidung der Eurogruppe bedeutet im Grunde, dass jene Anleihenbesitzer bei den absehbaren Umstrukturierungen des griechischen Bankensektors (Bankenabwicklung) ab kommendem Jahr herangezogen werden, wie die griechische Tageszeitung Kathimerini berichtet. Deren Kurse sind seither kräftig gefallen.
Jedoch sind jene Bankanleihen, die zur Haftung herangezogen werden könnten, nur noch in einer Höhe von etwa 1,9 Milliarden Euro vorhanden. Denn die ELA-Finanzierung der Banken durch die EZB hatte es den Bankgläubigern (via Bankanleihen) leicht gemacht, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, bevor sie zu einer Finanzierung der Restrukturierung hätten herangezogen werden können. Die in den Banken angehäuften Risiken übernimmt demnach – momentan – der europäische Steuerzahler. Insofern dürfte sich der Beitrag der privaten Gläubiger der Banken bescheiden ausnehmen. Dazu kommt: Griechische Banken hatten erstrangige Anleihen in einem Umfang von 64,5 Milliarden Euro emittiert. Der größte Anteil daran wurde mit einer Staatsgarantie der griechischen Regierung versehen. Diese wiederum wurden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht an private Investoren veräußert, sondern sind aufgrund einer Sonderbestimmung bei der EZB als Sicherheit hinterlegt worden, im Gegenzug der Gewährung der ELA-Kredite.
Anleihen ohne Staatsgarantie belaufen sich nach Analysen von Fachkreisen auf lediglich 4,4 Milliarden Euro. Hinzu kommen noch sogenannte „nachrangige Anleihen“ im Wert von 1,9 Milliarden Euro. Beide Bestände zusammen kommen demnach auf ein Volumen von 6,3 Milliarden Euro, die in die Sanierung resp. Banken-Fusionierungen fließen könnten, ohne dass die Steuerzahler dafür einstehen müssen. Wie hoch das Volumen des Kapitalbedarfs der griechischen Banken ist wird sich erst herausstellen, wenn die gesamten Kapitallücken verifiziert sind. Einige Fachleute sind der Ansicht, dass hierfür nicht die gesamten, vorgesehenen 25 Milliarden Euro erforderlich sind.
Erforderlich hierfür wäre aber, dass die Bankenaufsicht die Steuerguthaben der Banken gegenüber dem griechischen Staat als „Eigenkapital“ einstuft. Diese Steuerguthaben sind allerdings eine spezielle Bilanz-Aktiva, die mit zukünftig anfallenden Gewinnen gegengerechnet werden. Sie als Eigenkapital zu bezeichnen, wäre demnach wiederum ein Bilanz-Trick der besonderen Art. Berechnen die Bankenaufseher jedoch selbige Steuerguthaben nicht als Eigenkapital, so müssten die Banken womöglich bis zu 35 Milliarden Euro rekapitalisiert werden. Also um weit mehr als 10 Milliarden Euro als bisher vorgesehen. Wofür wiederum die Steuerzahler in der Eurozone haften müssten.
Die Steuerzahler stehen bereits jetzt bei den griechischen Banken in der Pflicht. Aus den Kreditpaketen 1 und 2 wurden die Banken mit 37 Milliarden Euro gestützt. Der EFSF übertrug Anleihen an den griechischen Bankenrettungsfonds HFSF (Hellenic Financial Stability Fund), der diese Anleihen den Geldhäusern zur Verfügung stellte. Die Banken wiederum übertrugen dem HFSF anteilig Bankaktien. Die Kurse der Bankaktien sind nach Börseneröffnung in Athen jedoch stark gefallen. Zwischenzeitlich wurden sie vom Handel ausgesetzt. Inwieweit sich diese Aktienkurse nach der Bankenrekapitalisierung erholen, bleibt abzuwarten. Ansonsten blühen dem Steuerzahler indirekt auch hier wiederum Verluste.