Finanzen

Bond-Holder griechischer Banken bringen sich unauffällig in Sicherheit

Lesezeit: 2 min
20.08.2015 00:11
Besitzer griechischer Anleihen sollen künftig auch zur Bankensanierung beitragen, so Eurogruppenchef Dijsselbloem. Allerdings sind jene Bankanleihen, die zur Haftung herangezogen werden könnten, nur noch in einer Höhe von etwa 1,9 Milliarden Euro vorhanden: Die ELA-Finanzierung der Banken durch die EZB hatte es den Bankgläubigern leicht gemacht, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, bevor sie zu einer Finanzierung der Restrukturierung hätten herangezogen werden können. Die in den Banken angehäuften Risiken übernimmt demnach – momentan – der europäische Steuerzahler.
Bond-Holder griechischer Banken bringen sich unauffällig in Sicherheit
Griechische Bank-Anleihen gerieten nach Dijsselbloems Aussage stark unter Druck. (Quelle: Zero Hedge)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Unbemerkt von der Öffentlichkeit fielen die Werte griechischer Bankanleihen, nachdem die Gläubiger Griechenlands (mehrheitlich die europäischen Steuerzahler) beim dritten Kreditpaket von 86 Milliarden Euro auf einen „bail-in“ für griechische Bankkunden verzichtet hatten. Ursache war die Erklärung von Jeroen Dijsselbloem, Chef der Eurogruppe, der unlängst konstatierte, dass Bankkunden vor einem „Bail-in“ geschützt werden und somit die Konteninhaber vor den Folgen der Umstrukturierung des griechischen Finanzsystems abgeschirmt werden. Dijsselbloem betonte: „Ein Bail-in der Konteninhaber ist explizit ausgeschlossen“. Dies bezog sich auf die Vorschriften der Europäischen Union, die ab 1. Januar 2016 für Bankenabwicklungen oder Neustrukturierungen gelten. Deshalb wird eilends an einer Bankenrekapitalisierung über den ESM noch vor Ende des Jahres gearbeitet.

Anders als im Fall Zypern werden also griechische Bankkunden nicht zu einem „bail-in“ herangezogen. Größere Beträge über 100.000 Euro – sofern noch auf den Konten vorhanden – dürften in der Mehrheit von kleinen und mittelgroßen Unternehmen stammen. Sie sollen nicht zur Kasse gebeten werden, um die Wirtschaft nicht noch weiter in die Rezession zu treiben. Allerdings sind die Inhaber von sogenannten Senior-Bonds – auch erstrangige Anleihen genannt – von diesem Schutz ausgenommen. Es wird zwischen „Senior Secured Bonds“ und „Senior Unsecured Bonds“ unterschieden (Anleihen mit Sicherheit und ohne Sicherheit). Die Entscheidung der Eurogruppe bedeutet im Grunde, dass jene Anleihenbesitzer bei den absehbaren Umstrukturierungen des griechischen Bankensektors (Bankenabwicklung) ab kommendem Jahr herangezogen werden, wie die griechische Tageszeitung Kathimerini berichtet. Deren Kurse sind seither kräftig gefallen.

Jedoch sind jene Bankanleihen, die zur Haftung herangezogen werden könnten, nur noch in einer Höhe von etwa 1,9 Milliarden Euro vorhanden. Denn die ELA-Finanzierung der Banken durch die EZB hatte es den Bankgläubigern (via Bankanleihen) leicht gemacht, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, bevor sie zu einer Finanzierung der Restrukturierung hätten herangezogen werden können. Die in den Banken angehäuften Risiken übernimmt demnach – momentan – der europäische Steuerzahler. Insofern dürfte sich der Beitrag der privaten Gläubiger der Banken bescheiden ausnehmen. Dazu kommt: Griechische Banken hatten erstrangige Anleihen in einem Umfang von 64,5 Milliarden Euro emittiert. Der größte Anteil daran wurde mit einer Staatsgarantie der griechischen Regierung versehen. Diese wiederum wurden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht an private Investoren veräußert, sondern sind aufgrund einer Sonderbestimmung bei der EZB als Sicherheit hinterlegt worden, im Gegenzug der Gewährung der ELA-Kredite.

Anleihen ohne Staatsgarantie belaufen sich nach Analysen von Fachkreisen auf lediglich 4,4 Milliarden Euro. Hinzu kommen noch sogenannte „nachrangige Anleihen“ im Wert von 1,9 Milliarden Euro. Beide Bestände zusammen kommen demnach auf ein Volumen von 6,3 Milliarden Euro, die in die Sanierung resp. Banken-Fusionierungen fließen könnten, ohne dass die Steuerzahler dafür einstehen müssen. Wie hoch das Volumen des Kapitalbedarfs der griechischen Banken ist wird sich erst herausstellen, wenn die gesamten Kapitallücken verifiziert sind. Einige Fachleute sind der Ansicht, dass hierfür nicht die gesamten, vorgesehenen 25 Milliarden Euro erforderlich sind.

Erforderlich hierfür wäre aber, dass die Bankenaufsicht die Steuerguthaben der Banken gegenüber dem griechischen Staat als „Eigenkapital“ einstuft. Diese Steuerguthaben sind allerdings eine spezielle Bilanz-Aktiva, die mit zukünftig anfallenden Gewinnen gegengerechnet werden. Sie als Eigenkapital zu bezeichnen, wäre demnach wiederum ein Bilanz-Trick der besonderen Art. Berechnen die Bankenaufseher jedoch selbige Steuerguthaben nicht als Eigenkapital, so müssten die Banken womöglich bis zu 35 Milliarden Euro rekapitalisiert werden. Also um weit mehr als 10 Milliarden Euro als bisher vorgesehen. Wofür wiederum die Steuerzahler in der Eurozone haften müssten.

Die Steuerzahler stehen bereits jetzt bei den griechischen Banken in der Pflicht. Aus den Kreditpaketen 1 und 2 wurden die Banken mit 37 Milliarden Euro gestützt. Der EFSF übertrug Anleihen an den griechischen Bankenrettungsfonds HFSF (Hellenic Financial Stability Fund), der diese Anleihen den Geldhäusern zur Verfügung stellte. Die Banken wiederum übertrugen dem HFSF anteilig Bankaktien. Die Kurse der Bankaktien sind nach Börseneröffnung in Athen jedoch stark gefallen. Zwischenzeitlich wurden sie vom Handel ausgesetzt. Inwieweit sich diese Aktienkurse nach der Bankenrekapitalisierung erholen, bleibt abzuwarten. Ansonsten blühen dem Steuerzahler indirekt auch hier wiederum Verluste.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...