Politik

Gläubiger überkommen Zweifel: Griechenland-„Rettung“ in Gefahr

Die internationalen Gläubiger äußern überraschend Zweifel, dass Griechenland wie geplant sein drittes Kredit-Programm bekommen könnte. Die Gläubiger stellen klar, dass sich jede gewählte Regierung strikt an die Auflagen halten müsse. Das Problem: Vermutlich wird es wegen der Zersplitterung der Parteien überhaupt keine Regierungs-Koalition geben können.
01.09.2015 19:20
Lesezeit: 1 min

Die Griechenland-„Rettung“ sieht sich überraschend erheblichen Problem gegenüber: Der Nachrichtendienst der Deutschen Börse, Markte News International (MNI), hat mit mehreren hochrangigen EU-Vertretern gesprochen. Diese äußerten Zweifel, dass die erste Revision des neuen Kredit-Programms bereits im Oktober stattfinden könne. Sie rechnen eher mit November. Damit würde die Diskussion über eine Schulden-Erleichterung weiter verschoben werden.

Besorgniserregend für Angela Merkel dürfte auch die Tatsache sein, dass der IWF offenbar immer weniger Interesse an einer neuen Kredit-Gewährung zeigt. MNI berichtet, dass der Europa-Mann Poul Thomsen kürzlich dem Board des IWF seine Vorbehalte über die Sinnhaftigkeit eines neuerlichen Bailouts dargelegt habe. Thomsen muss wissen, wovon er spricht: Er ist Mitglied in der Troika.

MNI berichtet, dass die Gläubiger klargemacht hätten, dass sich jede gewählte Regierung strikt an die Vorgaben der Troika zu halten haben werde. Erst wenn dies sichergestellt sei, werden die noch offenen drei Milliarden Euro aus der ersten Tranche ausgezahlt. Auch die Übergangsregierung müsse weitere Aktionen („prior actions“), um den Deal nicht zu gefährden.

Das größte Problem dürfte jedoch sein, dass es nach der Wahl am 20. September gar keine handlungsfähige Regierung mehr geben dürfte: Eine Umfrage für die Zeitung Proto Thema hat am Wochenende ergeben, dass der Vorsprung von Syriza auf die Nea Dimokratia so gut wie verschwunden ist. Beide Parteien liegen nun bei etwa 22 Prozent. Die Zahlen sehen To Vima zufolge etwas besser für Syriza aus – von der erhofften absoluten Mehrheit ist Alexis Tsipras jedoch weiter entfernt denn je. Keine der Parteien wäre demnach in der Lage, eine Koalition zu formen. Nach dem Deal mit der EU ist Syriza in rivalisierende Gruppen zerfallen, ohne dass sich die Konservativen als Alternative hätten profilieren können. Der Guardian berichtet, dass die Partei Populäre Einheit, die die Rückkehr zur Drachme fordert, auf etwa acht Prozent kommen könnte.

Bloomberg meldet außerdem, dass die sich die Syriza-Jugend von der Partei abgespalten habe. Die Jugendorganisation sei über Tsipras enttäuscht und werde mit allen Mitteln gegen weitere Austeritäts-Pläne kämpfen. Ein Sieg der rechtsradikalen Goldenen Morgenröte ist allerdings unwahrscheinlich. Zwar liegen die Rechtsextremen immer noch auf Platz drei der Umfragen. Sollte sich jedoch ihr Erfolg abzeichnen, dürfte die EU die gesamte „Rettung“ in Frage stellen.

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