Finanzen

Bundesbank-Volkswirt warnt vor Bank-Runs in Europa

Eine Studie des Volkswirts der Deutschen Bundesbank hält Bank-Runs in Europa für möglich. Um diese zu verhindern, sollten die Ergebnisse von Banken-Stresstests nicht umfassend veröffentlicht werden. Sollte die EZB dem Rat folgen, können sich Bank-Kunden keinen umfassenden Überblick über den Zustand ihrer Bank verschaffen.
02.09.2015 00:39
Lesezeit: 1 min

Wissenschaftler warnen vor übertriebener Transparenz bei Banken-Stresstests. Wenn der Öffentlichkeit danach alle Ergebnisse präsentiert werden, drohen den Geldhäusern verschiedene Gefahren, wie eine Reuters am Dienstag vorliegende Studie ergab. Sie stammt von Bundesbank-Volkswirt Thilo Pauschy und dem Ökonomen Wolfgang Gick von der Freien Universität Bozen. Die Experten empfehlen den Bankenaufsehern eine eher zurückhaltende Informationspolitik. Ansonsten könnte es bei schwächelnden Geldhäusern zu einem Bankensturm kommen, schlussfolgern sie. Ferner könnten Institute, die für gesund befunden werden, zu hohen Risiken verleitet werden. Nicht zuletzt sehen die Autoren das Risiko, dass Bankkunden eine falsche Sicherheit vorgespiegelt wird. Ihrer Ansicht nach sollten die Aufseher umso weniger Informationen veröffentlichen, je verwundbarer der Bankensektor erscheint.

Europäische Großbanken müssen sich 2016 erneut einer Prüfung stellen. Der Stresstest soll aber weniger Banken umfassen - nur etwa 50 bis 60 Häuser - als der große Gesundheitscheck im vergangenen Jahr. Damals hatte die Europäische Zentralbank (EZB) im umfangreichsten Stresstest aller Zeiten 130 Institute auf Herz und Nieren geprüft. 25 Häuser hatten die Belastungsprobe nicht bestanden.

Die EZB lehnte eine Stellungnahme zu der Studie ab. EZB-Chef Mario Draghi hat mehrfach betont, er wolle das gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Banken in der Eurozone und internationalen Anlegern wieder herstellen. Mario Draghi dringt darauf, Transparenz für internationale Investoren herzustellen: „Transparenz ist das vorrangige Ziel“, sagte er im November 2013. Die Banken in Europa hätten zwar in den fünf Jahren seit der Finanzkrise schon viel getan, um ihre Bilanzen zu bereinigen. Sie hätten 225 Milliarden Euro Kapital eingesammelt und weitere 275 Milliarden Euro an Staatshilfen erhalten. Draghi: „Wir erwarten, dass die Überprüfung das Vertrauen des privaten Sektors in die Banken der Euro-Zone und in die Qualität ihrer Bilanzen stärken wird.“

Die Bundesbank erklärte, die Studie gebe die Sicht der Autoren wider und nicht notwendigerweise ihre eigene.

Für Bankkunden ist die Transparenz allerdings von großer Wichtigkeit: In der EU werden die Gläubiger einer Bank - also die Kunden - bei einer Banken-Pleite zur Kassa gebeten. Sie müssten daher in der Lage sein, sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen. Vor allem für Unternehmen, die mitunter hohe Liquidität bei den Banken liegen haben, ist dieses Wissen unerlässlich.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...