Unternehmen

Krisen-Zeichen: In Österreich sinkt die Zahlungs-Moral

Jedes zehnte Unternehmen in Österreich gerät durch verspätete Zahlungen in Existenznot. Um den entgegenzuwirken, greifen die Betriebe nun härter durch. Am meisten warten sie allerdings auf ihr Geld, wenn staatliche Organisationen etwas bei ihnen gekauft haben.
07.09.2015 00:53
Lesezeit: 1 min
Krisen-Zeichen: In Österreich sinkt die Zahlungs-Moral
Öffentliche Kunden lassen sich am längsten Zeit, um Rechnungen zu begleichen. (Grafik: KBV)

Angesichts der schwachen wirtschaftlichen Performance Österreichs geraten die heimischen Unternehmen auch schneller mal in die Schieflage. Oft ist das jedoch nicht allein durch eigenes Verschulden zu begründen. Vielmehr müssen Unternehmen zu lang darauf warten, dass Kunden ihre Rechnungen bezahlen. So warten Österreichs Unternehmen durchschnittlich 17 Tage, bis Privatkunden ihre Rechnungen begleichen, bei Firmenkunden dauert es sogar 29 Tage.

Im Vergleich zum Vorjahr ist das zwar immerhin bei beiden schon ein Tag weniger, aber immer noch ziemlich lang. Und so gibt jedes zehnte Unternehmen im Land an, aufgrund von Zahlungsausfällen seiner Kunden in seiner Existenz bedroht zu sein. Und schon fast jedes vierte Kleinunternehmen klagt über Umsatzrückgänge. „Die kleinen Unternehmen leiden auch deshalb am meisten, weil sie Umsatzrückgänge schlechter abfedern können als die großen. Daher ist diese Entwicklung gerade in einem klassischen KMU-Land wie Österreich besonders bedenklich“, sagt Johannes Eibl, Geschäftsführer des Kreditschutzverbandes.

„Die Wirtschaftslage lässt es nicht mehr zu, dass unbezahlte Rechnungen einfach hingenommen werden“, sagte Johannes Nejedlik vom Kreditschutzverband. „Ohne effizientes Forderungsmanagement schmelzen besonders bei schlechter Konjunktur die schwer erkämpften Umsätze rasch dahin. Wenn ein Unternehmen seine Liquidität verliert, geht es rasch ans Eingemachte“, so Nejedlik. Daher ist es dieser Tage umso wichtiger, früh zu reagieren.

Und so stellte bereits mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen ihre Lieferungen an Kunden ein, um zukünftige Forderungsverluste zu vermeiden. Fast jedes dritte Unternehmen versucht sich außerdem schon im Vorhinein bei Dritten zu informieren, um drohende Zahlungsschwierigkeiten bei möglichen Kunden zu umgehen.

Am längsten Zeit für Rechnungsbegleichungen lässt sich jedoch auch in Österreich weiterhin die öffentliche Hand. Hier ist die Dauer bis zur Begleichung im Vergleich zum Vorjahr sogar noch auf 38 Tage gestiegen. Unternehmen warten damit bei der öffentlichen Hand mehr als doppelt so lang auf ihr Geld als bei Privatkunden. Und hier ist es auch schwierig, mit Lieferstopp oder anderen Vorsichtsmaßnahmen zu reagieren. So würden Außenstände weniger häufig an Inkasso-Institute zur Betreibung weitergegeben als etwa bei Firmen- und Privatkunden, gibt der Kreditschutzverband an. „Böse Zungen könnten meinen, dass die Betriebe aus Angst davor, nicht mehr beschäftigt zu werden, Eskalationen meiden“, so Nejedlik.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Autoren fragen, ob ihre Werke für künstliche Intelligenz genutzt werden können – eine unmögliche Mission?
14.06.2025

Ein Ex-Spitzenmanager von Meta warnt: Wenn KI-Unternehmen vor jedem Training urheberrechtlich geschützte Werke lizenzieren müssten,...

DWN
Politik
Politik Datenerpressung statt Freihandel: China nutzt seltene Erden als Waffe
13.06.2025

China verlangt sensible Betriebsgeheimnisse, bevor es seltene Erden exportiert – ein klarer Machtzug im Handelskrieg. Der Westen liefert,...

DWN
Politik
Politik Deutschlands herrenlose Konten: Bundesregierung will auf Gelder von Privatkonten zugreifen
13.06.2025

Auf deutschen Bankkonten schlummern Milliarden Euro, die anscheinend niemandem gehören. Union und SPD möchten jetzt an die Ersparnisse...

DWN
Panorama
Panorama Flugzeugabsturz in Indien: Was passierte bei Flug AI171?
13.06.2025

Mehr als 240 Menschen starben bei einem verheerenden Flugzeugabsturz in Indien. Premierminister Narendra Modi besuchte den einzigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Brüsseler Kompromiss: EU führt Handelsquoten für Ukraine wieder ein – Litauen hofft auf Preisstabilisierung
13.06.2025

Handelsstreit mit Folgen: Die EU führt wieder Quoten für ukrainische Agrarimporte ein. Litauen atmet auf, Kiew warnt vor...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Der Microlino: Wie ein Schweizer Tüftler dem SUV-Wahnsinn trotzt
13.06.2025

SUVs dominieren unsere Straßen – größer, schwerer, ineffizienter. Doch ein Schweizer Tüftler stellt sich gegen diesen Trend: Wim...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wenn der Chef den Hund mitbringt: Sind Haustiere im Büro eine Revolution im Büroalltag?
13.06.2025

Ein Hund im Büro bringt gute Laune, sorgt für Entspannung und fördert das Teamgefühl – doch nicht alle sind begeistert. Warum...

DWN
Politik
Politik EU-Sanktionen wegen Russland-Handel: Brüssel zielt nun auch auf Chinas Banken
13.06.2025

Die EU plant erstmals Sanktionen gegen chinesische Banken wegen Unterstützung Russlands durch Kryptowährungen. Peking reagiert empört...