Politik

Übles Spiel: Merkel warnt vor Russen in Syrien

Die Bundesregierung warnt vor dem Eingreifen der Russen in Syrien - weil dann Chaos und Anarchie drohen. Das ist ein übles Spiel. Dieser mit deutscher Unterstützung vom Zaun gebrochene Krieg hat Syrien in Chaos und Anarchie gestürzt. Wo bleibt der deutsche Appell an die Kriegstreiber in Washington?
07.09.2015 14:33
Lesezeit: 2 min

Die neueste Entwicklung in Syrien zeigt beispielhaft, welch unrühmliche Rolle die deutsche Außenpolitik unter Angela Merkel spielt. Merkel lässt sich als neues Idol der Flüchtlinge feiern: Sie sagte, es sei schön, dass Deutschland im Nahen Osten als begehrenswertes Objekt gesehen werde.

Weniger schön ist allerdings die Tatsache, dass Merkels Außenpolitik die letzte Glaubwürdigkeit im Nahen Osten verspielt. Deutschland übernimmt eine geradezu avantgardistische Rolle für die Nato. Zu diesem Zweck wird nun Russland als potentieller Verursacher der syrischen Tragödie aufgebaut.

"Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte nun am Montag in Berlin, der Konflikt werde sich sicher nicht militärisch lösen lassen. Alle Beteiligten, auch die Regierung in Moskau, wären gut beraten, ihre Meinungsverschiedenheiten zu überwinden und Gespräche über die politische Zukunft des Landes aufzunehmen. Es müsse verhindert werden, dass das syrische Staatswesen vollkommen in den Strudel des Bürgerkrieges gerate."

Zuvor hatte die israelische Website Ynet von der Vorbereitung eines russischen Einsatzes berichtet. Die Amerikaner hielten sich bedeckt. Es gab eindeutig Signale aus der Obama-Regierung, dass man gegen des IS mit den Russen zusammenarbeiten will.

Doch nun scheinen sich die Falken in Washington der Sache anzunehmen. Die Neocons, deren Ziel möglichst viele globale Kriege zur Belebung der Konjunktur für die Rüstungsindustrie sind, lassen und über Reuters wissen:

"In US-Regierungskreisen hatte es am Wochenende geheißen, die USA hätten besorgniserregende Vorbereitungen für einen russischen Militäreinsatz in Syrien entdeckt. So seien Wohncontainer für Hunderte Menschen an einem syrischen Flugplatz aufgestellt worden. Dies könne darauf hinweisen, dass Russland die Verlegung von schwerem Militärmaterial dorthin vorbereite."

Merkels Sprecher machte am Montag die Spekulationen zu einer Warnung an die Russen:

"Der Sprecher des Auswärtigen Amtes wollte die Berichte weder bestätigen noch dementieren. Er unterstrich aber, wenn Chaos und Anarchie die Überhand nähmen und bösartige islamistische Organisationen wie der "Islamische Staat" das Land zur Beute nähmen, könne das auch nicht im Interesse Russlands sein."

Chaos und Anarchie in Syrien wurden und werden durch den US-Kriegseinsatz ausgelöst: Die Amerikaner haben nachweislich das Entstehen des IS in Kauf genommen, um Syriens Präsident Assad zu stürzen. Die Russen haben im Syrien immer eine Rolle gespielt, die auch immer militärisch war. Sie haben das ganz offen kommuniziert. Im Kampf gegen den IS haben sie sich bisher zurückgehalten.

Deutschland verspielt mit Angela Merkels eilfertiger Verbreitung eines neuen Neocon-Spins die Chance, dass Deutschland eine Vermittlerrolle in Syrien übernimmt. Mit dieser devoten Haltung wäre zu überlegen, ob man dem deutschen Steuerzahler nicht viel Geld ersparen könnte, wenn man die Außenpolitik direkt aus dem Nato-Hauptquartier betreibt. Die freiwerdenden Ressourcen können dann zur Betreuung der Flüchtlinge verwendet werden, die Deutschland weiter obliegen wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...