Finanzen

EZB will Geldschwemme derzeit nicht ausweiten

Die EZB wird ihre Geldflut vorerst nicht erhöhen. Die globalen Risiken seien zu unklar. Die Bundesbank kritisiert das Programm dennoch scharf: Die Notenbanken werden so zu den größten Gläubigern der Euro-Staaten.
24.09.2015 00:06
Lesezeit: 1 min

Trotz wachsender Risiken für die Weltwirtschaft will EZB-Chef Mario Draghi die Geldspritzen der Europäischen Zentralbank vorerst nicht ausweiten. Die EZB brauche zur Bewertung der Gefahren noch mehr Zeit, sagte Draghi am Mittwoch vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europa-Parlaments. Das nachlassende Wachstum in den Schwellenländern, der stärkere Euro und der Ölpreisverfall trübten zwar den Ausblick. Doch sei noch nicht klar, ob dies dauerhafte Folgen haben werde: "Wir werden deshalb alle relevanten Informationen genau sichten und ihre Auswirkungen für die Aussichten auf Preisstabilität im Auge behalten", betonte Draghi.

Bundesbankchef Jens Weidmann stellte die Anleihenkäufe erneut grundsätzlich in Frage: "Wenn überhaupt sollten sie nur als reines Notfallinstrument eingesetzt werden", forderte er am Abend in Gütersloh.

Die Notenbank kauft seit März Anleihen in großen Stil und will bis Herbst 2016 Bonds im Wert von 1,14 Billionen Euro in ihre Bücher nehmen. Weidmann hat von Anfang an öffentlich Vorbehalte gegen die Geldflut vorgebracht. Sein Argument: Die Notenbanken entfernen sich zu sehr von ihrem angestammten Terrain der Geldpolitik und werden zu den größten Gläubigern der Euro-Staaten. Er konnte sich mit seinen Bedenken jedoch im EZB-Rat nicht gegen die große Mehrheit durchsetzen, die mit den Käufen die Konjunktur ankurbeln und Deflationsgefahren bannen möchte.

Der Chefvolkswirt der Notenbank Italiens, Eugenio Gaiotti, befürchtet sogar, dass die Anstrengungen der EZB angesichts kaum steigender Preise nicht ausreichend sein könnten. Mit der Geldflut will Draghi Staatsanleihen für Banken unattraktiv machen und die Institute so dazu anregen, mehr Kredite zu vergeben. Zugleich soll die Gefahr gemindert werden, dass die Euro-Zone in eine deflationäre Spirale aus fallenden Preisen, sinkenden Löhnen und nachlassender Investitionsbereitschaft gerät. Eine solche Abwärtsbewegung kann eine Wirtschaft lähmen. Zuletzt stiegen die Preise kaum.

Die EZB strebt eine Teuerungsrate nahe zwei Prozent an, da diese als ideal für die Wirtschaftsentwicklung gilt. Doch dieses Ziel wird laut der Prognose des Expertenstabs der EZB selbst im Jahr 2017 nicht erreicht werden. Das Anleiheprogramm ist laut Draghi flexibel genug angelegt, um bei Bedarf gegensteuern zu können: "Wir werden Umfang, Zusammensetzung und Dauer angemessen anpassen, falls ein weiterer geldpolitischer Impuls nötig werden sollte."

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