Politik

Bundesregierung sagt Ländern vier Milliarden Euro für Flüchtlinge zu

Bund und Länder haben sich am Donnerstag über die Finanzierung der Flüchtlinge geeinigt: Die Länder bekommen 670 Euro pro Kopf pro Monat. Dies soll im kommenden Jahr vier Milliarden Euro ausmachen. Es ist unwahrscheinlich, dass es bei dieser Zahl bleiben kann.
25.09.2015 02:13
Lesezeit: 2 min

Zur Bewältigung der anhaltenden Flüchtlingsströme erhalten die Länder Milliardenhilfen vom Bund: Bei einer Spitzenrunde in Berlin sagte die Regierung den 16 Ministerpräsidenten zu, ab dem nächsten Jahr für jeden Flüchtling eine Pauschale von 670 Euro pro Monat zu übernehmen. Zusammen mit weiteren finanziellen Zusagen können die Länder so im Jahr 2016 mit mehr als vier Milliarden Euro rechnen.

Für dieses Jahr verdoppelt der Bund seine Unterstützung auf zwei Milliarden Euro. Die Runde verständigte sich am späten Donnerstagabend im Kanzleramt zudem auf eine Reihe gesetzlicher Änderungen, mit denen die Asylregeln verschärft, die Verfahren beschleunigt und der zügige Bau von Unterkünften ermöglicht werden sollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach der Sitzung, Bund und Länder würden mit der Vereinbarung ihrer Ansage gerecht, die großen Herausforderungen in einer gemeinsame Kraftanstrengung zu lösen. "Wir wollen denen Schutz geben, die Schutz brauchen. Wir wollen anderseits aber auch klarmachen, dass die, die keine Bleibeperspektive haben, unser Land wieder verlassen müssen", sagte die CDU-Politikerin.

Das vereinbarte Finanzierungsmodell bezeichnete Merkel als "entscheidende Weichenstellung". Die Länder sollen im nächsten Jahr zunächst eine Abschlagszahlung in Höhe von 2,68 Milliarden Euro erhalten, die auf der Grundlage von 800.000 Asylbewerbern und einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von fünf Monaten berechnet ist. Allerdings hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel vor einigen Tagen gesagt, er rechne mit einer Million Flüchtlingen.

Hinzu kommen unter anderem Bundesmittel für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Höhe von 350 Millionen Euro pro Jahr und eine Beteiligung am sozialen Wohnungsbau von 500 Millionen Euro. Entstehen den Ländern höhere Aufwendungen, etwa weil noch mehr Asylbewerber kommen oder die Verfahren im Schnitt länger dauern, will der Bund am Ende des Jahres auch diesen Betrag übernehmen. Merkel sagte, es gehe bei der neuen Kostenverteilung um ein "atmendes System", bei dem der Bund die Länder von bislang unkalkulierbaren Risiken entlaste. Für 2016 waren den Ländern bislang drei Milliarden Euro zugesagt worden.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) lobte, die Einigung werde der großen Herausforderung gerecht. Es handele sich um einen guten Tag für Deutschland. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sprach von einem "Durchbruch", durch den die Länder nun wieder Planungssicherheit für ihre Haushalte erhielten.

Eine Einigung erzielten Bund und Länder auch beim Betreuungsgeld, das vom Bundesverfassungsgericht im Bund für nichtig erklärt worden war. Das freiwerdende Geld von bis zu einer Milliarde Euro in 2017 und 2018 soll den Ländern zur Verfügung gestellt werden, um die Kinderbetreuung zu stärken. Sie können damit aber auch in eigener Regie ein Betreuungsgeld finanzieren. Verständigen konnten sich beide Seiten nebenbei auch im Streit über die Mittel für den Regionalverkehr: Die Bundesmittel dafür steigen ab 2016 auf acht Milliarden Euro.

Die große Zahl an Flüchtlingen bedeute auch, dass es an verschiedenen Stellen Vereinfachungen und Beschleunigungen geben müsse, sagte Merkel. Dies betreffe etwa das Baurecht. Zugleich müssten Fehlanreize, die zu unberechtigten Anträgen führten, beseitigt werden. Geldleistungen etwa sollen daher nur noch maximal einen Monat im Voraus gezahlt und in Erstaufnahmezentren so weit wie möglich ganz durch Sachleistungen ersetzt werden.

Nach Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina sollen auch Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, um die Asylverfahren zu beschleunigen. "Dieses ist von allen Anwesenden so gutgeheißen worden", sagte Merkel. Überhaupt lasse der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ausrichten, dass er alle Beschlüsse mittrage. Union und SPD sind im Bundesrat auf die Stimmen der Grünen angewiesen. Die gesetzlichen Maßnahmen sollen laut Merkel schon bis Mitte Oktober durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden.

Trotz der höheren Beteiligung des Bundes hält Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble einen ausgeglichenen Bundesetat 2016 ohne neue Schulden für möglich. Wenn die Entwicklung einigermaßen stabil bleibe, "können wir es schaffen", sagte der CDU-Politiker in der ARD. In diesem Jahr haben dem Bund zufolge schon mehr als 521.000 Flüchtlinge den Weg über die deutschen Grenzen gefunden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...