Gemischtes

Neuer Ärger für Autobranche: Stickoxid-Belastung in vielen Städten zu hoch

Zu hohe Abgaswerte werden in den kommenden Monaten die Autobranche erheblich unter Druck setzen. Neben den Manipulationen rücken nun aber auch die Stickoxid-Werte in deutschen Städten in den Vordergrund. Die liegen häufig über der zulässigen Grenze. Indes soll es beim Abgas-Skandal von VW erste „Geständnisse“ geben.
05.10.2015 00:21
Lesezeit: 2 min

Die Belastung der Luft mit schädlichen Stickoxiden hat seit dem Jahresbeginn an gut der Hälfte aller Mess-Stationen in deutschen Städten über dem erlaubten Grenzwert gelegen. Dies geht aus Daten des Umweltbundesamts (UBA) hervor, die Greenpeace analysiert hat. Demnach überstieg die Konzentration an etwa jeder zweiten Stelle, die in den ersten neun Monaten ausgewertet wurde, im Durchschnitt die zulässigen 40 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Das UBA sammelte dabei Informationen von 137 Luftmesspunkten, heißt es zu der Untersuchung, deren Datensatz der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Aus Sicht von Greenpeace zeigen die Zahlen, dass es jenseits des aktuellen Abgas-Skandals bei VW ein gravierendes Problem mit dem Diesel-Schadstoffausstoß in Deutschland gibt. „Die massiv überhöhten Innenstadtwerte bedrohen die Gesundheit der Menschen“, sagte der Verkehrsexperte der Umweltschutzorganisation, Daniel Moser. Man müsse davon ausgehen, dass sich die Werte für das Gesamtjahr 2015 nach den noch ausstehenden Messungen zudem deutlich verschlechtern dürften - ähnlich wie 2014, als am Ende rund zwei Drittel der Stationen zu hohe Werte angezeigt hätten.

Um Abweichungen zwischen Herstellerangaben und Realwerten bei Autoabgasen zu verringern, verlangt Greenpeace realistischere Verfahren - etwa den RDE-Test («Real Driving Emissions»), bei dem im Straßenbetrieb gemessen wird. RDE soll zwar von 2016 an zum Einsatz kommen, jedoch vorerst nur zu Informationszwecken. Auch das Umweltbundesamt sprach sich für die alternative Testmethode aus.

Der Autoverband VDA räumte ein, dass ein Großteil der Stickoxide aus dem Straßenverkehr stammt. Man müsse aber bedenken, dass viele neue Modelle bereits die striktere Euro-6-Abgasnorm erfüllten - auch wenn ihr Anteil an der deutschen Diesel-Gesamtflotte von derzeit etwa 13,9 Millionen Wagen mit rund 1,2 Millionen noch recht gering sei. Zudem könne es nicht allein um schärfere Vorgaben für die Autobauer gehen. Auch über eine bessere Organisation des Verkehrs - etwa durch mehr «Grüne-Welle»-Phasen - lasse sich die Stickoxid-Belastung senken. Gegen das RDE-Verfahren habe man grundsätzlich keine Einwände. „Da arbeiten wir intensiv mit“, hieß es aus dem Verband. „Wir haben alle ein Interesse daran, dass die Differenz zwischen den Werten auf der Rolle und auf der Straße kleiner wird.“ Man müsse bei solchen Realtests aber die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherstellen.

Beim Abgas-Skandal von VW sollen nun erste „Geständnisse“ von Ingenieuren vorliegen. VW-Ingenieure bei Befragungen ausgesagt haben, sie hätten 2008 die Manipulations-Software installiert. „Wir kommentieren diese Berichte nicht“, sagte ein VW-Sprecher dazu am Sonntag. Das Unternehmen treibe die Aufklärung der Geschehnisse voran. „Sobald wir belastbare Ergebnisse haben, werden wir darüber informieren.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte den Konzern zu einer raschen Aufklärung des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen auf.

Demnach soll sich der Dieselmotor EA 189, an dem bei VW seit 2005 gearbeitet worden war, kurz vor der Serienreife befunden haben. Es sei aber keine Lösung gefunden worden, wie sowohl die Abgasnormen als auch die Kostenvorgaben für den Motor eingehalten werden konnten. Daher sei die Entscheidung gefallen, die Manipulations-Software zu verwenden, hätten die Ingenieure gegenüber der internen Revision zu Protokoll gegeben. Unklar sei aber weiterhin, wer die Anweisung für die Installation der Manipulations-Software gab.

Darüber hinaus soll für die Manipulation der Abgaswerte auch eine Software des Zulieferers Continental verwendet worden und zwar für die kleinere 1.6-Liter-Variante. Conti-Sprecher Felix Gress sagte der Zeitung: „Wir hatten keine Hinweise auf einen Missbrauch unserer Technik. Die uns von uns gelieferte Software konnte keine Abgaswerte manipulieren.“ Bei VW wollte man sich auch zu dieser Frage nicht äußern.

 

 

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