Finanzen

Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.
10.05.2025 17:13
Lesezeit: 2 min
Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
Techbörsengänge wie der von Klarna wurden aufgrund des aktuellen Handelskonflikts verschoben. (Foto: dpa) Foto: Jonas Walzberg

Tech-Börsengänge verzeichnen „die schlimmsten Tage seit der Pandemie“

Die Aufbruchstimmung im Technologie-Sektor ist verflogen. In den ersten Monaten des Jahres 2025 hofften viele Investoren und Startup-Gründer auf das lang ersehnte Comeback des IPO-Marktes. Doch die geopolitischen Entwicklungen – allen voran der wirtschaftspolitische Kurs des erneut gewählten US-Präsidenten Donald Trump – haben diese Hoffnungen binnen weniger Wochen zunichtegemacht.

Insider sprechen bereits vom düstersten Börsenklima seit dem Corona-Crash 2020. Der IPO-Index des Datenanbieters PitchBook, der junge, risikokapitalfinanzierte Technologieunternehmen abbildet, stürzte seit Jahresbeginn um rund 20 Prozent ab. Hauptgrund: Trumps Anfang April verhängte Strafzölle gegen wichtige Handelspartner – insbesondere China und die EU – haben massive Unruhe an den Märkten ausgelöst.

Das Timing könnte ungünstiger kaum sein. Der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna, seit Jahren als IPO-Kandidat gehandelt, hatte im März seinen Börsenprospekt veröffentlicht – wenige Tage vor Trumps Zollhammer. Die Folge: Der Börsengang wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Quellen berichten von einem völligen Einbruch der Nachfrage: „Das waren die schlimmsten zwei Tage am Markt seit der Pandemie. Kein Unternehmen wollte sich listen lassen“, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person gegenüber dem Portal Sifted.

Trump-Effekt: IPO-Fenster geschlossen

Klarna ist kein Einzelfall. Die US-Ticketplattform StubHub, das Berliner Klimatech-Startup 1Komma5 sowie der indische SoftBank-Favorit Oyo – alle haben ihre Börsenpläne auf Eis gelegt. Viele Unternehmen kalkulieren nun mit einer Hängepartie bis mindestens 2028 – dem Ende von Trumps zweiter Amtszeit. Investoren befürchten eine andauernde Phase von Unsicherheit, protektionistischer Politik und regulatorischer Unberechenbarkeit.

Ironie des Schicksals: Viele Risikokapitalgeber hatten offen auf einen Trump-Sieg gehofft – in der Hoffnung auf eine unternehmensfreundlichere Politik, insbesondere im Bereich KI und Fusionen. Zwar wurde kurz nach der Wahl das milliardenschwere Projekt „Stargate“ von Trump, OpenAI, SoftBank und Oracle präsentiert – doch was als Signal der Stärke gedacht war, wurde von den Märkten als geopolitisches Muskelspiel gewertet. Die Konsequenz: Vertrauensverlust.

Kapitaldruck wächst – Fonds unter Zugzwang

Für Risikokapitalfonds ist die Situation brisant. IPOs und Unternehmensverkäufe sind ihre wichtigsten Exit-Strategien – ohne sie fehlt die Liquidität für neue Investments. „Fondsmanager stehen unter massivem Druck ihrer Geldgeber“, warnt Alex Barr von Sarasin Bread Street. „Sie müssen liefern – aber der Markt lässt keine Exits zu.“

Startup-Bewertungen geraten ebenfalls unter Druck. Zwar ändern sich diese formell erst bei neuen Finanzierungsrunden, wie Tobias Bengtsdahl vom Antler Nordic Fund erklärt – doch de facto sinkt der Marktwert vieler Tech-Firmen bereits heute. Auch sogenannte Growth-Fonds, die in reifere Startups investieren, halten sich zunehmend zurück.

Europa als Gewinner? Hoffnung auf Standortvorteil

Nicht alle Beobachter sehen die Lage ausschließlich negativ. Sanjot Malhi, Partner beim Londoner VC Northzone, sieht eine strategische Chance für Europa. „Wenn die USA aus Investorensicht instabiler werden, kann Europa profitieren“, sagt er. Auch durch regulatorische Klarheit und stabile Märkte könnten sich künftig mehr Tech-Börsengänge in Frankfurt, Amsterdam oder Stockholm bündeln – sofern europäische Börsenbetreiber schnell reagieren.

Fazit

Der globale Markt für Technologie-IPOs steht still – und das in einer Phase, in der viele Startups dringend Liquidität brauchen. Was als Aufbruchsjahr begann, droht sich zum Stillstandsjahr zu entwickeln. Donald Trumps Zolleskalation hat das Vertrauen der Investoren massiv erschüttert – und es ist keineswegs sicher, wann sich das Fenster für Börsengänge wieder öffnet. Für Europa könnte dies eine historische Chance sein. Doch nur, wenn der Kontinent den Mut hat, aus der Lähmung der anderen Kapital zu schlagen.

Wird Europa bereit sein, das Vakuum zu füllen, das die USA hinterlassen?

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Europas Industrie und niemand wehrt sich
08.07.2025

Chinas Staatskonzerne zerlegen Europas Industrie Stück für Stück – doch Berlin, Brüssel und Paris liefern nur leere Worte. Während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dow schließt Chemieanlagen: Was das für Deutschland bedeutet
07.07.2025

Der US-Konzern Dow zieht sich teilweise aus Mitteldeutschland zurück – und das hat Folgen. Standorte in Sachsen und Sachsen-Anhalt...

DWN
Politik
Politik Folgekosten in Millionenhöhe: Corona-Krise und die Schattenseite staatlicher Beschaffung
07.07.2025

Milliardenkosten, ungenutzte Schutzmasken und politische Spannungen: Die Folgen der Maskenkäufe in der Corona-Krise wirken bis heute nach....

DWN
Politik
Politik Kontrollen an der Grenze zu Polen: Grenzkontrollen jetzt beidseitig aktiv
07.07.2025

Mitten in der Urlaubszeit zieht Polen die Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland an. Reisende spüren die Auswirkungen sofort –...

DWN
Politik
Politik Trump droht BRICS-Staaten mit neuen Strafzöllen
07.07.2025

Trump verschärft den Handelsstreit mit den BRICS-Staaten drastisch. Seine angekündigten Strafzölle könnten globale Lieferketten...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell auf Höhenflug trotz drohender US-Handelszölle
07.07.2025

Der DAX überrascht mit einem starken Anstieg über 24.000 Punkte – und das trotz drohender US-Zölle. Wie reagieren Investoren auf die...