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Oberster VW-Aufseher: Krise bedroht die Existenz von Volkswagen

Der designierte Aufsichtsratschef von VW, Hans Dieter Pötsch, nennt die Krise beim Volkswagen-Konzern existenzbedrohend. Er fürchtet unter anderem um die Bonität des Konzerns. So drastische Worte für einen an der Börse notierten Konzern hat man lange nicht gehört.
04.10.2015 21:57
Lesezeit: 1 min

Der designierte Aufsichtsratschef schlägt im Abgasskandal bei Volkswagen einen harten Ton an. Hans Dieter Pötsch habe bei einer internen Veranstaltung in Wolfsburg von einer "existenzbedrohenden Krise für den Konzern" gesprochen, berichtete die Welt am Sonntag. Er sei aber sicher: Das "kriegen wir hin", wenn alle mitzögen.

In der vergangenen Woche hatte das VW-Aufsichtsratspräsidium beschlossen, dass der bisherige Finanzvorstand Pötsch so schnell wie möglich an die Spitze des Kontrollgremiums rücken und dort den amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden, Ex-IG-Metall-Chef Berthold Huber, ablösen soll. Statt auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 9. November soll Pötsch durch das Amtsgericht Braunschweig bestellt werden, der Aufsichtsrat müsste die Personalie absegnen. Für Mittwoch sei nun eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung geplant, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person zu Reuters.

Sorgen machen Pötsch laut FAZ vor allem die Auswirkungen der Krise auf die Bonität des Konzerns. Am Donnerstag hatten Insider der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, die VW-Führung mache sich Gedanken, wie angesichts drohender Strafzahlungen und Sammelklagen in Milliardenhöhe verhindert werden kann, dass die Finanzpolster des Konzerns abschmelzen. VW diskutiere deswegen Schritte wie Kostensenkungen und Einnahmeerhöhungen.

Unterdessen bemüht sich Volkswagen darum, bei den Kunden die Wogen zu glätten. Am Sonntag erschienen in Sonntagszeitungen wie "Bild am Sonntag" und "FAS" ganzseitige Anzeigen von Volkswagen mit der Überschrift: "Eigentlich sollte hier unsere Anzeige zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung stehen." Danach wird erklärt, wie der Text dazu ursprünglich hätte lauten sollen. Abschließend der Satz: "Wir werden alles tun, um Ihr Vertrauen zurückzugewinnen."

CONTI-SOFTWARE IN BESTIMMTEN MOTOREN

Wie die "Bild am Sonntag" schrieb, wurde bei 1,6-Liter-Dieselmotoren Software des Zulieferers Continental eingesetzt. Ein Sprecher betonte allerdings, man habe keine Hinweise auf einen eventuellen Missbrauch der Technik gehabt. "Die von uns gelieferte Software konnte keine Abgas-Testwerte manipulieren." Das Einstellen und Abstimmen der Software habe der Kunde VW vorgenommen.

Inzwischen werden in mehreren Ländern weitergehende Schritte als Folge des VW-Abgasskandals diskutiert. So sagte der britische Premierminister David Cameron der Zeitung "The Sunday Telegraph", dass seine Regierung es für möglich halte, die Fördermittel für Diesel-Fahrzeuge zu überprüfen. Die italienische Regierung lässt nach einem Bericht der Zeitung "Il Sole 24 Ore" Autos mit Dieselmotor von acht führenden Herstellern überprüfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält indes den Schaden für die deutsche Wirtschaft durch den Abgasskandal für begrenzt. Es sei zwar ein einschneidendes Ereignis. "Ich glaube aber, dass die Reputation der deutschen Wirtschaft, das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft damit nicht so erschüttert ist, dass wir nicht weiter als ein guter Wirtschaftsstandort gelten", sagte Merkel in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des Deutschlandfunks.

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