Brüssel will im kommenden Jahr ein großangelegtes Umsiedlungsprogramm für 200.000 Flüchtlinge innerhalb der EU umsetzen. Lediglich für Großbritannien und Irland ist dieses Programm nicht verbindlich. Die Umsiedlungsaktion ist Teil eines Deals zwischen der Türkei und der EU, wonach die Türkei den Zustrom von Flüchtlingen in die EU stoppen und die EU als Gegenleistung die bereits in der EU angekommenen Flüchtlinge auf die verschiedenen EU-Länder verteilen soll, meldet die FT. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Türkei auch Visa-Erleichterungen, die Beschleunigung des EU-Beitritts und Milliarden-Hilfen versprochen – wenn die Türkei bei der Rückführung der Flüchtlinge mit der EU kooperiert.
In der vergangenen Woche einigten sich die EU-Staaten in Brüssel darauf, der Türkei drei Milliarden Euro zukommen zu lassen, damit das Land sich um die 2,5 Millionen syrischen Flüchtlinge kümmern kann. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat parallel zu den Verhandlungen mit der EU nur Spott für die Unfähigkeit Brüssels im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik übrig, berichtet die Financial Times. „Die Europäer nehmen 30.000 bis 40.000 Flüchtlinge auf und werden dafür sofort für den Nobelpreis nominiert. Wir haben 2,5 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, doch niemanden kümmert das. Doch wir alle wissen, dass dieser Preis auf Bestellung vergeben wird“, zitiert die Zeitung Zaman den türkischen Staatschef.
Das Treffen zwischen Merkel und Erdoğan fand am Sonntag vor dem Hintergrund von Ad-hoc-Grenzschließungen in Slowenien, Ungarn und Kroatien statt. Die Länder sind nicht mehr in der Lage, den Flüchtlingsstrom aufzuhalten. Der EU-Kommissar für Migration, Dimitris Avramopoulos, sagt: „Wir müssen mehr Flüchtlinge aus den Ländern umsiedeln, die ohnehin schon die größte Last auf ihren Schultern tragen. Wir müssen den Flüchtlingen zudem legale Wege nach Europa bieten und gleichzeitig unsere Grenzen schützen. Die Schmuggler, die die Flüchtlinge ausbeuten, müssen gestoppt werden.“ Nach Angaben des UNHCR sind 600.000 Flüchtlinge seit Anfang des Jahres in die EU eingereist. Viele von ihnen nahmen die Route über die Türkei und Griechenland nach Europa. Der ursprüngliche Plan 160.000 Flüchtlinge auf diverse EU-Staaten zu verteilen, führte zuvor zu heftigen Streitigkeiten zwischen Berlin und den Staaten Osteuropas.
Doch das schlechte Wetter mit sintflutartigem Dauerregen hat die Zahl der Flüchtlinge vor allem aus Syrien, Afghanistan, Pakistan und dem Irak nicht verringert. Im Oktober reisten pro Tag durchschnittlich 5.100 Menschen aus der Türkei über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und jetzt Slowenien weiter nach Österreich und Deutschland. Auch aus Afrika kommen weiter viele Menschen über Libyen nach Italien. Allein am letzten Wochenende hat die italienischen Marine und Küstenwache 1.300 Menschen aus dem Meer gerettet, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa am Montag. Acht Menschen konnten nur noch tot geborgen werden. Bis zum 15. Oktober hatten in diesem Jahr nach Angaben des UNHCR 137.000 Menschen Italien auf dem Seeweg erreicht. Zum Vergleich: in Griechenland kamen bislang 473.000 Flüchtlinge und Migranten an.