Unternehmen

Österreichs Industrie kritisiert Zwangsrabatt für Pharmabranche

Um die Krankenkasse zu entlassen, soll die Pharmabranche zu Rabatten genötigt werden. Das könnte die Branche Millionen zusätzlich kosten. Der angeschlagene Standort Österreich würde sich damit selbst gefährden. Die Pharmaindustrie würde sich bei solch einem Gesetz mehrmals überlegen, ob sie in Österreich investiert.
23.10.2015 13:44
Lesezeit: 2 min

Die Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) will die Pharmaunternehmen zukünftig per Gesetz zur Kasse bitten. Rabatte von bis zu 15 Prozent sollen diese gewähren, um die heimischen Krankenkassen finanziell zu entlasten. Doch die Lobby der Pharmabranche ist stark und die Kritik an dem Vorschlag Oberhausers wird immer lauter.

„Der vom Gesundheitsministerium vorgeschlagene gesetzliche Zwangsrabatt für Pharmaunternehmen in der Höhe von 125 Millionen Euro jährlich ist massiv überzogen, kontraproduktiv für Standort und Beschäftigung und wird von der Industriellenvereinigung daher klar abgelehnt“, sagte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer. Strafsteuern seien schädlich und für Österreich gefährlich.

Derzeit arbeiten 18.000 Menschen in Österreich in der Pharmabranche. 2013 investierte die Branche 284,8 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung in Österreich. „Die Pharmaunternehmen leisten bereits seit Jahren einen überproportionalen Beitrag zur Sanierung der Krankenkassen“, so Neumayer. Man dürfe die Folgen der Reformschwäche der heimischen Krankenkassen nicht auf andere Branchen übertragen.

Ähnlich deutliche Kritik kommt auch von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). „Gesetzlich verordnete Preisrabatte senden ein komplett falsches Signal für unseren Wirtschaftsstandort aus“, sagte WKÖ-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser. „Wir brauchen bei der derzeitigen Wirtschaftslage Entlastungsmaßnahmen und nicht zusätzliche Belastungen für unsere Betriebe.“ Pharmaunternehmen würden es sich künftig dreimal überlegen, in Österreich zu investieren, wenn ihnen hier per Gesetz vorgeschrieben werde, welche Rabatte sie zu gewähren hätten.

Hintergrund für die neuerliche Diskussion ist auch der auslaufende Rahmen-Pharmavertrag über Rabatte in der Arzneimittelbranche. Die zahlreichen Übernahmedeals und immensen Gewinne, die manche Pharmaunternehmen mit einzelnen hochpreisigen Medikamenten verdienen, haben bei den Krankenkassen dazu geführt, dass diese mehr Nachlasse wollen. Der Generalsekretär des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig) Jan Oliver Huber dreht die Argumentation der Krankenkassen jedoch um. Die Forderungen des Hauptverbandes der Sozialversicherungen hätten nichts mit der Entwicklung auf dem Arzneimittelmarkt zu tun. Vielmehr würden die Erträge bei Apotheken und dem Großhandel sinken und in der Industrie hätten nur einige wenige Unternehmen mit hochpreisigen Produkten gut verdient, so Huber.

Für dieses Jahr schätzt der Hauptverband der Sozialversicherungsträger das diesjährige Defizit der Krankenkassen auf 129,3 Millionen Euro. Doch nicht nur die Medikamentenpreise tragen zu dem Defizit bei. Eine Studie des Instituts für Pharmaökonomische Forschung zeigt sogar, dass der Arzneimittelverbrauch in Österreich im erstattungsfähigen Markt im Vergleich der EU mit -3,3 Prozent leicht unterdurchschnittlich ist.

Außerdem seien die Ausgaben für Medikamente zwischen 2010 und 2014 „um insgesamt sechs Prozent gewachsen; in der gleichen Zeit ist die Inflation um neun Prozent gewachsen“, sagt Pharmig-Generalsekretär Huber. Einsparungen könnten die Krankenkassen daher eher bei den Krankenhäusern ansetzen. Der OECD zufolge läuft in Österreich gesundheitlich extrem viel über die Krankenhäuser.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas seltene Chance: Schwedisches Metallvorkommen soll Abhängigkeit von China brechen
15.07.2025

In Schwedens Norden liegt Europas größte Hoffnung auf Rohstoffsouveränität. Doch der Fund der Seltenen Erden birgt Zielkonflikte,...

DWN
Immobilien
Immobilien Grunderwerbsteuer sparen: So zahlen Käufer weniger beim Immobilienkauf
15.07.2025

Der Kauf einer Immobilie wird schnell teurer als geplant – oft durch hohe Nebenkosten. Besonders die Grunderwerbsteuer kann kräftig...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Zuckerberg kündigt Mega-Rechenzentren an
15.07.2025

Mark Zuckerberg treibt den KI-Wettlauf in eine neue Dimension. Der Meta-Chef kündigt gigantische Rechenzentren an und will dabei selbst...

DWN
Politik
Politik Jetzt unterstützt Trump die Ukraine: Ist das die Wende?
15.07.2025

Donald Trump vollzieht die Wende: Plötzlich verspricht er der Ukraine modernste Waffen – auf Europas Kosten. Russland droht er mit...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche fahren wieder mehr Auto
15.07.2025

Deutschland erlebt eine Kehrtwende beim Autofahren: Nach Jahren des Rückgangs steigen die gefahrenen Kilometer wieder – obwohl einzelne...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldverbot 2025: Panikmache oder reale Gefahr für Ihr Gold?
15.07.2025

Mehrere Goldhändler warnen vor einem staatlichen Zugriff auf Barren und Krügerrands – Millionen Anleger fürchten um ihre Ersparnisse....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
15.07.2025

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa,...