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Meldepflicht für Kredite: Mittelstand kritisiert Kontroll-Wut der EZB

Ab 2017 will die Europäische Zentralbank von Banken alle Informationen zu Krediten ab 25.000 Euro erhalten. Zunächst sind alle Unternehmenskredite betroffen, danach folgen auch Kredite an Privatpersonen. Neben den Banken wehren sich aber auch immer mehr Mittelständler gegen den Datensog der EZB.
29.10.2015 01:40
Lesezeit: 1 min

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Mit AnaCredit will die EZB zukünftig ein Melderegister für vergebene Kredite innerhalb Europas schaffen. „Die Bundesbank steht vor der nationalen Umsetzung des weltweit größten Kreditregisters, des Analytical Credit Dataset (AnaCredit) der EZB“, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand. Und genau hier gibt es erheblich viele Gefahren. Die meldungspflichtigen Gruppen werden in drei Phasen in das Projekt AnaCredit einbezogen.

Während in der ersten Phase, die ab dem 1. Juli 2017 beginnt, die Banken ihre Geschäfte mit finanziellen sowie nicht-finanziellen Unternehmen und der öffentlichen Hand melden müssen, kommen ab Mitte 2019 und Mitte 2020 die anderen meldepflichtigen Gruppen dazu. Die magische Grenze liegt dabei bei eine Kredithöhe von mehr als 25.000 Euro. Ab diesem Betrag müssen die Kredite von den Banken gemeldet werden.

Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand gefährdet das aber die Vergabe von Mittelstandskrediten. Schließlich würde es zwischen 50 bis 60 Millionen meldepflichtige Kredite allein in Deutschland geben. Und mit mehr als 120 Einzelmerkmalen, die dann bei der EZB angegeben werden müssten, wäre das „viel zu weitgehend“. Ganz abgesehen von einer möglichen Verletzung des Datenschutzes ergebe sich dabei ein „unnötiger bürokratischer Aufwand“. Das könnte insgesamt auch zu einer Verteuerung der Kredite werden.

„Die Notenbanken sollten die derzeitige Grenze von 1 Million Euro beibehalten, ab der der Bundesbank bislang Kredite im Rahmen des Millionen-Kreditmeldewesens in Deutschland gemeldet werden müssen“, so die Arbeitsgemeinschaft. Zu den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand gehören unter anderem der Bundesverband der Freien Berufe (BFB), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK).

Neben der Arbeitsgemeinschaft kritisiert auch der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold das Register der EZB:

Die Datensammelwut der EZB ist völlig haltlos. Aufwand und Nutzen der EZB-Datenkrake stehen in keinem Verhältnis. Insbesondere kleineren Banken wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken brummt die EZB einen unnötig hohen Aufwand auf. Außerdem: Die EZB gewährleistet keinen ausreichenden Datenschutz. Die Zentralbank hielt es nicht für nötig, eine öffentliche Konsultation durchzuführen und reagierte unzureichend auf meine mehrfachen parlamentarischen Anfragen. Die EZB missbraucht ihre Unabhängigkeit für schlechte Gesetzgebung. Daher habe ich mich dazu entschlossen, eine Beschwerde bei der EU-Bürgerbeauftragten einzureichen. Ich freue mich, dass die Beschwerde von über 700 Vorständen deutscher Banken unterstützt wird. Ein Verfahren der Europäischen Bürgerbeauftragten wäre auch ein Schritt für mehr Bürgernähe und Demokratie bei der EZB.“

Giegold hat auch eine entsprechende Beschwerde bei der EU-Bürgerbeauftragten eingereicht. Diese wird von nun mehr über 700 Vorstandsmitgliedern aus mehr als 300 Banken unterstützt.

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