Der Ölpreisverfall führt in Kanada zu einem drastischen Kapitalabfluss. Zahlreiche Ölprojekte müssen aufgekündigt werden, weil diese nicht mehr finanzierbar sind. Als Folge dieser Misere suchen sich die Anleger andere Anlagemöglichkeiten im Ausland.
In Kanada ist der Kapitalabfluss dramatischer als in den meisten Schwellenländern. „Es sind die kanadischen Investoren, die ihre Gelder ins Ausland transferieren (…) Die Politik in Kanada hat in den vergangenen zehn Jahren Investitionen in die Energiebranche begünstigt. Jetzt hat der Rückgang der Ölpreise alles unrentabel gemacht“, zitiert Bloomberg den Devisen-Analysten Alvise Marino von der Credit Suisse Group AG in New York. Die weltweit wichtigsten Ölsand-Vorkommen – also ölgetränkte Erdvorkommen – befinden sich in Venezuela und Kanada. Allerdings sind die Bohrungen in diesen Gebieten besonders kostenintensiv.
Die Royal Bank of Canada hat am Montag die City National Corporation in Los Angeles für etwa fünf Milliarden Dollar übernommen. Der Nettokapitalabfluss aus Kanada für Fusionen und Übernahmen betrug bisher umgerechnet 55,5 Milliarden Dollar. Neun der zehn umsatzstärksten Firmen des Landes sind in den vergangenen zwei Jahren dazu übergegangen, Investitionen im Ausland zu tätigen. Der Ökonom der Bank of Montreal, Benjamin Reitzes, plädiert für eine weitere Abwertung des kanadischen Dollars, um heimische Firmen konkurrenzfähig zu machen und den Export anzukurbeln.
Kanada hat seit der Finanzkrise 2007/08 mit chronischen Handelsbilanzdefiziten zu kämpfen. Während das Land im Jahr 2008 ein Handelsplus von 37,46 Milliarden Dollar vorweisen konnte, lag ein Jahr später ein Defizit von 13,81 Milliarden Dollar vor. 2013 lag das Defizit bei 15,98 und 2014 bei 0,29 Milliarden Dollar, berichtet statista.