Wenn die Erderwärmung nicht gestoppt wird, droht sich die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen nach Einschätzung der Weltbank bis zum Jahr 2030 um weitere hundert Millionen erhöhen. Besonders stark von den Folgen einer gescheiterten Klimapolitik werde Afrika betroffen sein, heißt es in dem am Sonntag in Washington veröffentlichten Bericht der Weltbank. So könne der Klimawandel zu einer deutlichen Erhöhung der Lebensmittelpreise führen. Da in Afrika die ärmsten Haushalte 60 Prozent ihrer Ausgaben für Lebensmittel aufbringen, würde dies "einen sehr harten Schlag für die Region" bedeuten, heißt es in dem Bericht.
Auch für die Menschen in den Staaten Südasiens sehen die Weltbank-Experten besondere hohe Risiken. Allein in Indien könnten nach ihren Berechnungen durch den Klimawandel, Erschütterungen der Agrarwirtschaft und eine schnellere Ausbreitung von Krankheiten 45 Millionen Menschen in extreme Armut geraten, also weniger als 1,90 Dollar (1,76 Euro) am Tag zur Verfügung haben.
Der Weltbankbericht wurde wenige Wochen vor dem Beginn des UN-Klimagipfels in Paris veröffentlicht, bei dem Vertreter aus 195 Staaten ein neues weltweites Klimaabkommen zur Reduzierung von Treibhausgasen aushandeln wollen. Das Abkommen, das erstmals auch die Schwellen- und Entwicklungsländer zur Reduzierung ihres Kohlendioxidausstoßes verpflichten soll, soll vom Jahr 2020 an das Kyoto-Protokoll ablösen.
Die Anzeichen, dass die Staaten möglicherweise zu radikalen Regulierungen greifen könnten, mehren sich seit einiger Zeit. So hatte der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, kürzlich Investoren gewarnt: Sie könnte ihre Investments in Unternehmen verlieren, die klimaschädlich erzeugt werden. Dies würde vor allem Erdöl- und Erdgas-Unternehmen treffen, also die Schwellenländer und hier im besonderen Russland. Auch die globalen Probleme, die Volkswagen wegen seines Abgas-Skandals plagen, sind auf ein neues Bewusstsein im Hinblick auf den Klimawandel zu sehen. Es ist durchaus vorstellbar, dass der Druck auf Unternehmen, die klassische Verbrennungsmotoren herstellen, weiter steigen wird. Profitieren könnten von solch einer Entwicklung neue Technologien, die vor allem in den USA entwickelt werden.
Erklärtes Ziel der Weltgemeinschaft ist es, die globale Erwärmung auf zwei Grad über dem Temperaturdurchschnitt vorindustrieller Zeit zu begrenzen. Andernfalls droht ein Anstieg der Meeresspiegel sowie eine Zunahme von Stürmen und anderer extremer Wetterphänomene. Die Gletscher sind von der Entwicklung bereits massiv betroffen. Schweizer Experten gehen davon aus, dass die Gletscher auch bei einer Verlangsamung der Erderwärmung an vielen Stellen wie etwa den Alpen nicht mehr zu retten sind.