Gemischtes

Statt Giftspray: Bienen verbreiten natürliche Pflanzenschutzmittel

Lesezeit: 2 min
09.11.2015 12:51
Ein Start-up aus Kanada hat ein biologisches Pflanzenschutzmittel entwickelt, das durch Bienen verteilt wird. Das Pulver besteht aus natürlichen Nutzpilzen, die die Pflanzen stärken und unschädlich für Menschen und Umwelt seien, so der Hersteller. Setzt sich die Methode durch, könnten dies den Pestizid-Einsatz in der Landwirtschaft um 99 Prozent reduzieren.
Statt Giftspray: Bienen verbreiten natürliche Pflanzenschutzmittel
Die Bio-Pflanzenschutzmittel können über jedes Bienenvolk in den Blüten verteilt werden, Hummeln sind jedoch am Besten geeignet. (Foto: BVT)

Mehr zum Thema:  
Klima >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Klima  

Eine Firma aus dem kanadischen Vancouver hat eine schonende Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln entwickelt, die das natürliche Verhalten der  Bienen in die Landwirtschaft integrieren soll. Das Unternehmen namens Bee Vectoring-Technologie (BVT) will Bienen und Landwirtschaft versöhnen, indem sie beiden zusammen in einem System verbindet. Die Bienen verteilen dabei  winzige Mengen von biologischen Pestiziden und Nutzorganismen wie Pilzen, während sie den Nektar sammeln und die Pflanzen bestäuben.

Chemischen Pflanzenschutzmittel gelten nicht nur als Umweltschädlich – sie gelten auch als Hauptverursacher des Bienensterbens. Bio-Anbau allein ohne jegliche Chemie ist jedoch anfällig für Schädlingsbefall und derzeit nicht ertragreich genug, um die konventionelle Landwirtschaft  dauerhaft und großflächig zu ersetzen. Biologische Verfahren zur Ertragssteigerung könnten hier einen Kompromiss darstellen - und eine Brücke zwischen Landwirtschaft und Umweltschutz bauen, so das erklärte Ziel von BVT.

Die Verteilung natürlicher Mittel durch die Bienen bietet zahlreiche Vorteile gegenüber chemischen Spritzmitteln:  Das Low-Tech Inokulum-Spendersystem ist dem Unternehmen zufolge nachhaltiger und auch weit effizienter als die großflächige Besprühung: Ein Pulverspender wird einfach  in den Deckel der kommerziellen Bienenstöcken eingehängt. Wenn die Hummeln ihren Stock verlassen, müssen sie zu Fuß über ein Tablett laufen, das bestäubt ist mit dem Bio-Pestizid-Pulver, das ähnlich wie Pollen durch ihre behaarten Beine aufgenommen wird. Die Bienen fliegen los und bestäubenden Blütenknospen von Apfelbäumen, Erdbeerpflanzen, Raps und andere Pflanzen. Dabei lassen sie winzige Mengen der Schädlingsbekämpfungsmitteln genau an dem Punkt, wo sie gebraucht werden - im Inneren der Blume.

Das Pulver besteht aus einer Rezeptur von organischen Verbindungen, die nützliche Pilze und Bakterien enthalten, erklärt das Magazin Gizmag in einem Bericht. Dazu habe BVT einen natürlich vorkommenden Pilz verwendet, der bei der Kontrolle einer Vielzahl von Krankheiten hilft, die durch schädliche Pilzerreger hervorgerufen werden. Der Nutzpilz bekämpft die schädlichen Pilze und kommt laut Hersteller auch in der natürlichen Umwelt häufig mit den Bienen und Pflanzen in Kontakt und soll zudem unschädlich für Menschen sein. Der Pilzstamm wirkte zudem wie ein natürlicher Dünger:  Er erhöht demnach die Nahrungsaufnahme einer Pflanze, hilft ihr zu wachsen und mehr Früchte zu tragen und erhöht die Haltbarkeit von bestimmten Früchten wie Beeren.

Zum kommerziellen Anbau von Pflanzen müssen die Pestizide genau zur richtigen Zeit in die blühenden Knospen gebracht werden. Bisher werden dazu die Pflanzen und Bäume großflächig nach dem Gießkannenprinzip besprüht, eine Methode die erschreckend ungenau ist.: Laut Michael Collinson, Firmenchef und CEO von BVT, landet gerade einmal 1 Prozent der konventionellen Pestizide da, wo es soll, während die andere 99 Prozent auf dem Boden landet oder verweht. Hunderte Liter des Ungeziefersprays kann mit dem Wind kilometerweit treiben – und damit ganze Landstriche kontaminieren.  Zudem bleiben dabei bis zur Hälfte der Blüten unbehandelt und stirbt ab, da sie sich zwischen zwei Spritz-Gängen geöffnet haben.

Die Bienen liefern die natürlichen Pflanzenschutzmittel hingegen jeden Tag und punktgenau in den Blüten ab: Die Menge an verbrauchten Pestiziden verringert sich von mehreren Kilogramm auf wenige Gramm. Das Pulver könne durch alle möglichen Bienenvölker verbreitet werden, allerdings seien Hummeln für das Verfahren am geeignetsten, da sie auch bei relativ niedrigeren Temperaturen ausfliegen und 10-mal mehr  Pollen oder Impfmittel tragen können als Honig-Bienen.

Das Modell könnte eine echte Alternative zu der bisherigen Pestizid-Politik sein, die Nahrung, Kleidung und Wasser vergiftet. Die Vorteile überzeugen offenbar auch Investoren als Geschäftsmodell für die Zukunft: Das Unternehmen hat kürzlich 3 Millionen Euro an Investorengeldern eingenommen, berichtet Techvibes.


Mehr zum Thema:  
Klima >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...