Finanzen

Warum steigt der Bitcoin-Kurs?

Der Bitcoin verfügt über all jene Eigenschaften, die Gold über viele tausend Jahre zum bevorzugten Geld der Menschheit gemacht haben: er ist knapp, teilbar, nicht zu fälschen und unverwüstlich. Seit einem Monat steigt der Kurs wieder stetig an. Einige Experten schätzen, dass der Preis eines einzigen Bitcoins langfristig bei 100.000 Euro oder mehr liegen wird.
09.11.2015 23:54
Lesezeit: 3 min
Warum steigt der Bitcoin-Kurs?
In den vergangenen Jahren unterlag der Bitcoin deutlichen Schwankungen.

Seit ungefähr einem Monat steigt der Kurs des Bitcoin stetig an. Lag er Anfang Oktober noch bei etwas mehr als 200 Euro, muss man mittlerweile rund 350 Euro für einen Bitcoin zahlen. Wird das wieder eine verrückte Rallye wie im November 2013?

Damals stieg der Bitcoin von rund 100 bis auf knapp 1.000 Euro. Danach folgte zwar eine lange Talfahrt, doch mit 200 bis 250 Euro im bisherigen Verlauf des Jahres betrug der Bitcoin-Kurs immer noch mehr als doppelt so viel wie vorher.

Die Kurve des Bitcoins weist ein eigentümliches Muster auf, das bereits mehrfach aufgetreten ist: zunächst ein steiler Anstieg, dann ein ebenso krasser Absturz, dem eine lange Phase des Herumdümpelns folgt. Der Kurs lag jedoch auch in dieser schwachen Phase jeweils deutlich höher als vor dem Beginn der Rallye. Bereits vier Mal hat sich dies bisher wiederholt.

Schon beim ersten steilen Anstieg des Bitcoins auf rund 28 Euro im Juni 2011 meinten viele, dies könne nur eine Spekulationsblase sein. Der darauffolgende lange Abstieg auf rund 2 Euro veranlasste manche Medien schon damals zur Spekulation über den Tod der Internet-Währung – und das nicht zum letzten Mal. 78 Mal wurde der Bitcoin bereits für tot erklärt, zählt die Website Bitcoin Obituaries („Bitcoin-Todesanzeigen“). Doch immer wieder kehrte der „Honigdachs des Geldes“ deutlich stärker zurück. Bitcoin wird gern mit diesem frechen Tier verglichen, dass dank seines dicken Fells selbst Bisse von Giftschlangen locker aushält und sich mit deutlich größeren Tieren wie Löwen und Hyänen anlegt.

Bitcoin verfügt über zahlreiche Eigenschaften, die ihn zum idealen Geld des digitalen Zeitalters machen. Er kommt ganz ohne Banken, Kreditkartenfirmen oder sonstige Mittelsmänner aus, denen man vertrauen muss und die teils horrende Gebühren verlangen. Bitcoin-Zahlungen laufen hingegen über ein dezentrales Computernetzwerk, an dem grundsätzlich jeder teilnehmen kann. Jeder kann sich die kostenlose Bitcoin-Software herunterladen und damit sofort Geld empfangen oder senden – ohne irgendwen um Erlaubnis zu fragen oder Daten von sich preiszugeben. Bitcoin-Zahlungen sind so gut wie kostenlos und erfolgen in wenigen Minuten, egal ob sie ins Nachbarhaus oder auf einen anderen Kontinent gehen.

Hat man sich einmal an diese praktischen Vorteile gewöhnt, kommt einem das herkömmliche Bankensystem so mittelalterlich vor wie das Verschicken einer Nachricht per Postkutsche im Vergleich zur E-Mail. Doch der Hauptvorteil des Bitcoin ist seine streng reglementierte Knappheit. Während Mario Draghi jederzeit nach Belieben Milliarden neuer Euros aus dem Nichts erzeugen und damit die Ersparnisse aller Bürger abwerten kann, ist die Menge an Bitcoins durch die in der Software fest verankerten Regeln begrenzt. Niemand hat die Macht, die Bitcoin-Software dazu zu bewegen, mehr als 25 neue Bitcoins alle zehn Minuten zu erzeugen. Im Sommer 2016 wird dieser Zufluss an neuen Bitcoins automatisch halbiert. Diese Halbierung neu hinzukommender Bitcoins findet etwa alle vier Jahre statt, bis im Jahr 2140 die mathematisch mögliche Obergrenze von 21 Millionen Bitcoins erreicht sein wird.

Der Bitcoin verfügt über all jene Eigenschaften, die Gold über viele tausend Jahre zum bevorzugten Geld der Menschheit gemacht haben: er ist knapp, teilbar, nicht zu fälschen und unverwüstlich. Zusätzlich hat er den großen Vorteil, dass man ihn ohne nennenswerte Kosten über das Internet schicken kann. Ein Gut, das einen so großen Nutzen hat und gleichzeitig knapp ist, muss nach den Grundgesetzen der Wirtschaftslehre einen Wert haben. Wie jedes Gut, das auf einem freien Markt gehandelt wird, kommt der Preis durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zustande. Da das Angebot an Bitcoins streng begrenzt ist, die Nachfrage jedoch stetig steigt, ist es nur natürlich, dass auch der Preis langfristig steigt.

Im Jahr 2014 gab es einige Ereignisse, wie etwa den Konkurs der lange Zeit führende Bitcoin-Börse Mt. Gox und die gewaltsame Schließung des freien Marktplatzes Silk Road, die viele verunsicherten und zur Talfahrt des Bitcoins beitrugen. Massenmedien berichteten kaum noch über den Bitcoin. Doch die scheinbare Zeit des Stillstands war in Wirklichkeit für das Bitcoin-Ökosystem äußerst produktiv. Über eine Milliarde an Wagniskapital wurde in Firmen investiert, die nützliche Produkte und Dienstleistungen rund um den Bitcoin anbieten. Viele Banken und sonstige Finanzdienstleister haben begonnen, sich für die Bitcoin zugrunde liegende Blockchain-Technologie zu interessieren, die viele ihrer Prozesse verschlanken und verbilligen kann. Immer mehr Regierungen haben begriffen, dass man die Bitcoin-Wirtschaft besser nicht durch überflüssige Regulierungen bremst, da der Bitcoin durch sein Software-Protokoll bereits streng reguliert ist. Die Zahl der Bitcoin-Transaktionen steigt stetig, sie hat sich im letzten Jahr mehr als verdoppelt. Mehr als 100.000 Online-Shops akzeptieren mittlerweile Bitcoins, darunter Größen wie Dell oder Microsoft. Diese Eckwerte sind letztendlich viel wichtiger als das Verhältnis des Bitcoins zu Euro oder Dollar.

So war es nur es eine Frage der Zeit, bis sich auch der Kurs des Bitcoins erholt und den wahren Wert des Bitcoins widerspiegelt. Einige Experten schätzen, dass der Preis eines einzigen Bitcoins langfristig bei 100.000 Euro oder mehr liegen wird. Und eines ist sicher: sollte der Kurs dann mal wieder auf 50.000 Euro absinken, werden die Medien das als „historischen Crash“ bezeichnen und erneut den endgültigen Tod des Bitcoins verkünden. Aber daran haben wir uns ja gewöhnt.

Aaron Koenig ist Bitcoin-Unternehmer und Berater. Er hat das Buch „Bitcoin - Geld ohne Staat: Die digitale Währung aus Sicht der Wiener Schule der Volkswirtschaft“ verfasst.

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