Politik

EU-Präsident Tusk fordert von Merkel radikalen Kurswechsel bei Flüchtlingen

Der bisher ranghöchste EU-Politiker, Donald Tusk, hat von Angela Merkel eine radikalen Korrektur ihrer Flüchtlingspolitik gefordert. Er glaube nicht, dass es in Europa eine Mehrheit dafür gäbe, zehntausende Flüchtlinge aus der Türkei nach Europa zu holen.
02.12.2015 22:55
Lesezeit: 1 min

In einem Interview mit der französischen Zeitung Le Figaro und anderer europäischer Zeitungen hat der Präsident des Rats der Europäischen Union, Donald Tusk, von Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Kurswechsel in ihrer Flüchtlingspolitik gefordert. Er ist der bisher höchste EU-Repräsentant, der sich der Kanzlerin offen widersetzt. Tusk sagte, die deutschen Politiker müssten ihre Sichtweise ändern. „Manche von ihnen sagen, die Flüchtlingswelle sei zu groß, um sie zu stoppen. Das ist gefährlich.“ Gesagt werden müsse vielmehr: „Diese Flüchtlingswelle ist zu groß, um sie nicht zu stoppen.“ Niemand in Europa sei bereit, „diese hohen Zahlen aufzunehmen, Deutschland eingeschlossen“. Tusk fordert, dass Merkel damit aufhören solle, neue Flüchtlinge in der EU zu begrüßen. „Wahre europäische Solidarität“ bestehe darin, die Gesetze zu beachten: „Wenn wir Regeln haben, dann müssen wir sie einhalten“, sagte Tusk. Das gelte auch für das Dublin-Verfahren, das die Rückführung von Flüchtlingen in das Land vorsieht, über das sie in die EU eingereist sind. „Wir können vor unseren Verpflichtungen nicht davonlaufen. Auch Deutschland nicht“, sagte Tusk. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das Dublin-Verfahren als „obsolet“ bezeichnet.

Der Zustrom von Flüchtlingen nach Europa müsse deutlich begrenzt werden, forderte Tusk. Von den politischen Führern erwarte er eine veränderte Einstellung.

Den Plan, zehntausende Flüchtlinge aus der Türkei zu holen, beurteilt Tusk negativ: „Ich bin davon überzeugt, dass es keine Mehrheit in der EU für ein solches System gibt. Dieses Mal ist Ost-Europa nicht das einzige Problem. Auch Schweden, früher noch großzügig, spricht von einer unhaltbaren Situation. Lassen Sie uns Heuchelei vermeiden: Es ist nicht eine Frage der internationalen Solidarität, sondern ein Problem der europäischen Leistungsfähigkeit. Die Europäer würden weniger ablehnend sein, wenn an den Außengrenzen der EU effektiv kontrolliert würde. Es ist zu einfach, heute nach Europa zu gelangen. Schließlich hat sich die Debatte verändert: Sie ist der Politik entglitten und hat die Öffentlichkeit errreicht. Hören Sie, was die Leute auf der Straße sagen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...