Gemischtes

Österreich: Unternehmen sparen und kürzen massiv Stellen

Die Lage der Mittelständler in Österreich ist angespannt: Jedes vierte Unternehmen hat Stellen abgebaut und kaum ein Betrieb plant neue Anstellungen.
06.12.2015 01:09
Lesezeit: 2 min
Österreich: Unternehmen sparen und kürzen massiv Stellen
Klimabarometer in den Hauptwirtschaftsbereichen (Grafik: Creditreform)

Der österreichische Mittelstand blickt pessimistisch in die Zukunft. Mit einem Minus von 1,7 Punkten setzt der Erwartungsindex der Mittelständler seinen negativen Trend fort. Im Vorjahr lag der Index bei minus 1,8 Punkten. Während die Dienstleistungsbranche und das Verarbeitende Gewerbe noch etwas positiver auf die kommenden Monate blicken, schauen die Baubranche und der Handel skeptisch in die Zukunft. Die Unternehmen soaren Stellen ein. In der Baubranche hat der Index um 6,3 Zähler nachgegeben, wie die Mittelstandsanalyse der Unternehmensgruppe Creditreform zeigt.

Entsprechend zurückhaltend sind die Unternehmen in ihren Personalplanungen geblieben. „Per Saldo gab es im Herbst 2015 keinen Beschäftigungszuwachs (Personalsaldo: minus 7,1 Prozentpunkte; Vorjahr: minus 0,4 Prozentpunkte)“, heißt es in der Mittelstandsanalyse. Quasi jedes vierte Unternehmen (22,6) hat die Zahl seiner Mitarbeiter reduziert.

Lediglich die Dienstleistungsbranche konnte auch hier einen positiven Saldo erzielen. Und auch in den kommenden Monaten geht der Trend in Richtung Stellenabbau. Fast die Hälfte der österreichischen Bauunternehmen (49 Prozent) erwartet sogar, dass sie in naher Zukunft weitere Stellen streichen werden. Im Vorjahr waren es nur 32,6 Prozent.

Ein Grund für die Planung mit neuen Stellenkürzungen sind die schlechte Auftragslage und die gesunkenen Umsätze. Zwar hat sich die Auftragsentwicklung im Vergleich zum Vorjahr verbessert, insgesamt liegt sie aber immer noch im negativen Bereich: minus 6,2 Prozentpunkte. In der Baubranche verzeichneten 48 Prozent ein Auftragsminus.

„Mit rund 430.000 Personen ohne Arbeit neigt sich das Jahr 2015 einem mehr als unerfreulichen Ende zu. Vor allem in Wien ist der Anstieg um fast 17 Prozent beträchtlich – mehr als ein Drittel aller Arbeitslosen wohnen also in der Bundeshauptstadt“, sagte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer. „Während sich in den anderen europäischen Ländern konjunkturelle Erholung einstellt und sich die internationale Konkurrenz im Aufschwung befindet, werden unsere heimischen Betriebe durch unkluge oder nicht gesetzte Maßnahmen weiter belastet.“

„Angesichts der aktuellen Auftragslage fehlt den österreichischen Betrieben jedoch der Glaube an einen baldigen Aufschwung“, so die Autoren der Analyse. „So setzte der Erwartungssaldo seine Talfahrt fort, und der Index notiert aktuell bei einem neuen Sechsjahrestief von minus 13,8 Prozentpunkten.“ Lediglich 3,1 Prozent der Baufirmen blicken positiv in die Zukunft.

Und trotz einer negativen Umsatzentwicklung des Mittelstands das vierte Jahr in Folge haben die Unternehmen wieder ihre Investitionen etwas angehoben. Der Anteil der investitionsfreudigen Unternehmen stieg innerhalb eines Jahres von 35,9 auf 36,9 Prozent. Auch zukünftig soll weiter investiert werden. Allerdings setzen die Unternehmen eher auf Ersatzinvestitionen als auf Neuinvestitionen.

„Die mit der Steuerreform 2015/16 verbundene Einkommensentlastung der österreichischen Haushalte dürfte erst im nächsten Jahr den privaten Konsum wieder ankurbeln“, so die Autoren. Neben der geringen Binnennachfrage und den gesunkenen Exporten seien auch der Zustrom von Flüchtlingen und die Abkühlung in den Schwellenländern „Belastungsfaktoren“ für den österreichischen Mittelstand. Die Unternehmen sparen einfach ein. „Die Aussagen zur österreichischen Gesamtwirtschaft zeugen von einer spürbaren Skepsis hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Inflation zieht stärker an – Zölle als möglicher Preistreiber
16.07.2025

Steigende Inflation, anhaltend hohe Zinsen – und ein Präsident, der die Lage verschärfen könnte: Die USA geraten unter...

DWN
Politik
Politik AI Act: Wo stehen wir über ein Jahr nach dem Beschluss des KI-Gesetzes?
16.07.2025

Mit dem AI Act schreibt Europa Geschichte: Die erste globale KI-Gesetzgebung verspricht Sicherheit, birgt aber auch Risiken. Wo Deutschland...

DWN
Politik
Politik US-Waffen: Trump soll Selenskyj gefragt haben: „Könnt ihr Moskau treffen?“
16.07.2025

Donald Trump soll Selenskyj gefragt haben, ob die Ukraine Moskau angreifen könne – mit US-Waffen. Droht eine neue Eskalation oder ist...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket der EU gegen Russland gestoppt: Slowakei stimmt dagegen
16.07.2025

In der Europäischen Union ist das 18. Sanktionspaket gegen Russland am Widerstand der Slowakei gescheitert. Das mitteleuropäische Land...

DWN
Politik
Politik Immobilienverbot für Russland: Finnland verbietet Russen und Weißrussen den Immobilienkauf
16.07.2025

Helsinki verbietet Russen den Immobilienerwerb: Am 15. Juli trat in Finnland ein Gesetz in Kraft, welches russischen und weißrussischen...

DWN
Politik
Politik Kontrollstaat: digitale Identität mit Bürgerkonto wird Pflicht – Hacker kritisieren Überwachung
16.07.2025

Ende der Freiwilligkeit? Im Koalitionsvertrags setzen CDU, CSU und SPD auf eine verpflichtende digitale Identität der Bürger in der BRD....

DWN
Finanzen
Finanzen Boomer-Soli: Experten wollen einen Rentensoli zur Sicherung der Rentenkassen
16.07.2025

Wenn Millionen Menschen aus der Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen, wird das Rentensystem extrem belastet. Ökonomen des DIW...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis: Wie China und die USA den Markt dominieren
16.07.2025

Gold erlebt ein Comeback – und diesmal greifen nicht nur Kleinanleger zu. Nach Jahren der Zurückhaltung investieren...