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Freiburg: Flüchtlinge haben keinen Zutritt mehr in Clubs und Diskotheken

Die Betreiber von Clubs und Diskotheken in Freiburg wollen Flüchtlingen den Zutritt verwehren. Freiburgs Sozialbürgermeister lehnt die Maßnahme ab und verweist auf das Diskriminierungsverbot.
24.01.2016 00:52
Lesezeit: 2 min

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In Freiburg herrscht offenbar in nahezu allen Clubs und Diskotheken eine neue Einlasspolitik. Nachdem es sexuelle Belästigungen von Frauen, Eindringen in die Kabinen auf dem Frauen-WC, Verabreichen von K.o.-Tropfen, eine versuchte Vergewaltigung, Angriffe gegen Türsteher und Taschendiebstähle gegeben haben soll, haben Flüchtlinge jetzt vielerorts keinen oder nur noch begrenzt Zutritt.

Die Badische Zeitung berichtet, dass sich „mindestens ein halbes Dutzend Gastrobetriebe“ für diese Maßnahme entschieden hätten. Angezeigt wurden die angeführten Vorfälle nach Informationen des Blattes im Vorfeld aber größtenteils nicht. Die Polizei habe keine Zunahme der Straftaten in diesem Bereich festgestellt. Es seien jedoch mehr Taschendiebstähle registriert worden.

„Die Vorfälle in den Clubs – von Taschendiebstählen abgesehen – sind Harry Hochuli, dem Leiter des Innenstadtreviers Freiburg-Nord, nicht zu Ohren gekommen“, so die Zeitung. Bei sexuellen Belästigungen jeder Art sei die Dunkelziffer hoch, im Nachtleben werde vieles durch Freunde oder Türsteher geklärt. Was Hochuli aber auffalle: Die Zahl der Männergruppen, die nachts in der Stadt umherziehen, habe zugenommen. Zudem habe sich das Feier-Gebiet deutlich vergrößert. Die Folgen der neuen Einlasspolitik sind dem Beamten bewusst: „Wenn viele an der Tür abgewiesen werden, werden sie aggressiv, und das Problem verlagert sich auf die Straße“, zitiert das Blatt den Revierleiter. Die Polizei wolle deshalb mit mehr Personenkontrollen dagegenhalten.

Im Gespräch mit der Zeitung beschreibt eine Club-Besucherin eine Party nach einem Konzertbesuch im hiesigen „White Rabbit“ im vergangenen Dezember. Das Blatt schreibt:

„Eine große Gruppe afrikanischer Männer sei gekommen und habe tanzende Besucherinnen belästigt. 'Ich bin beim Tanzen umringt und abgedrängt worden', berichtet die 46-Jährige. Sie fühlte sich bedroht. Die Situation sei 'voller männlicher Gewalt' gewesen. Gäste und Personal gingen dazwischen. Zwei Männer flogen ihretwegen aus dem Club, fünf, weil sie eine andere Frau belästigt hatten. Auf der Treppe zur Straße musste sie sich durch eine Männermenge drängeln: 'Ein Spießrutenlauf.' Weitere Besucherinnen des Abends bestätigten den Bericht.“

Das Schwierige an der Entscheidung der Freiburger Gastronomen fasst das Blatt wie folgt zusammen:

„Die Nachtgastronomen dürfen Flüchtlinge und andere Menschen mit Migrationshintergrund wegen des Rechts auf Gleichbehandlung nicht pauschal abweisen.“

Dieser schmale Grat mache auch Branchenexperten wie Alexander Hangleiter, Geschäftsführer beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in Freiburg, ratlos. Er wurde von der Zeitung mit den Worten zitiert: „Ein Club müsste, wenn er verklagt wird, vor Gericht beweisen, dass er nicht diskriminiert hat.“ Er sehe aber auch die Zwangslage der Gastronomen, denen die Gäste wegblieben, wenn sie nicht gegen die Missstände einschritten. „Ich bin ratlos, wir brauchen Hilfe von Fachleuten.“

„Es gilt das Diskriminierungsverbot. Man darf nicht eine Personengruppe pauschal ausschließen“, sagt Freiburgs Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD) am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. „Uns war das nicht als akutes Problem bekannt“, so der für Soziales, Integration und Kultur zuständige Bürgermeister. Überwiegend verhielten sich die etwas mehr als 3000 in der Stadt untergebrachten Asylbewerber „ordentlich“, „schwarze Schafe“ gebe es aber überall. Von Kirchbach bezeichnete die Entscheidungen der Clubbetreiber als „hilflosen Akt“. Er werde prüfen, ob die Inhaber angehört werden müssen. „Die Willkommenskultur ist in Freiburg stark ausgeprägt. Aber es muss auch eine Anerkennungskultur geben, was die Gesetze betrifft.“ Er wolle sich mit seinem Haus beraten, inwieweit die Stadt Verhaltenskonzepte erstellen könnte, um Asylbewerbern den Start in Deutschland zu erleichtern.

Von ähnlichen Problemen sei in anderen Städten in Südbaden, etwa in Offenburg, Lahr oder Lörrach, zumindest offiziell nichts bekannt, hieß es auf der Website der Zeitung.

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