Politik

Nach Banken-Rettung: Italien stimmt EU-Milliarden für Türkei zu

Die EU meldet nach der Ankündigung der gemeinsamen Einlagensicherung und der Banken-Rettung in Italien einen weiteren Erfolg für Angela Merkel: Die Türkei erhält drei Milliarden Euro aus Steuergeldern zur Lösung der Flüchtlingskrise. Wie die Verwendung der Gelder kontrolliert wird, ist unbekannt.
04.02.2016 00:12
Lesezeit: 2 min

Die EU-Kommission verkündete am Mittwoch die Einigung auf die Details des drei Milliarden Euro umfassenden Pakets, dass die Türkei erhalten soll, um Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa aufzuhalten.

Zuvor hatte nach wochenlanger Blockade Italien seinen Widerstand gegen die Zahlungen an die Türkei  aufgegeben. Rom erhielt im Gegenzug die Versicherung, dass Italien ein höheres Haushaltsdefizit machen darf. Der offizielle Grund: die Flüchtlingskrise.

Alle EU-Staaten dürfen sich also wegen den Zahlungen an die Türkei stärker verschulden als im Stabilitätspakt vereinbart.  Die EU-Haushaltsregeln sind somit außer Kraft gesetzt. Der Kommission zufolge steht die von Rom geforderte „Klarstellung“ zur Flexibilität im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts wegen der Kosten der Flüchtlingskrise in der Satzung des Fonds. Ganz neu ist die Aushebelung der Haushaltsdisziplin in der EU nicht. Für Frankreich wurden die Defizit-Regeln bereits vor einem Jahr aufgehoben, Paris hatte der EU erklärt, man habe nicht vor, sich vor der nächsten Wahl am die Maastricht-Kriterien zu halten.

Die Zustimmung der Italiener kam, nachdem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor einigen Tagen für die deutschen Banken aufsichtsrechtlich bindend mitgeteilt hatte, dass die gemeinsame europäische Einlagensicherung mit deutscher Beteiligung im Jahr 2024 in Kraft treten werde. Die EU-Banken können damit aufsichtsrechtlich legal 2.000 Milliarden Euro aus den deutschen Sparguthaben als Sicherheiten bei der EZB für neue Kredite hinterlegen.

Außerdem hat die EU der Gründung einer Bad Bank in Italien zugestimmt. Mit dieser Lösung wird der nach den neuen EU-Regeln eigentlich seit dem 1.1.2016 verpflichtend vorgesehene Bail-In - also die Beteiligung der Banken-Gläubiger - außer Kraft gesetzt. Die italienischen Steuerzahler müssen für faule Kredite in der Höhe von 200 Milliarden Garantien stellen.

All diese Arrondierungen zur Verhinderung einer heftigen Banken-Krise waren dazu angetan, dass der italienische Premier Matteo Renzi dem Projekt von Angela Merkel schließlich doch die Zustimmung erteilte - dass nämlich die Türkei dafür zuständig sein soll, Einwanderer und Flüchtlinge von Europa fernzuhalten. Auf diesem Weg hofft Merkel, den Schutz der deutschen Grenzen verhindern und gewissermaßen an die Türkei outsourcen zu können.

Von den drei Milliarden Euro, die die Türkei nun erhalten soll, kommen eine aus dem EU-Haushalt und zwei direkt von den Mitgliedstaaten, der Anteil bemisst sich nach der Wirtschaftskraft. Deutschland steuert mit 427,5 Millionen Euro den größten Teil bei, gefolgt von Großbritannien mit 327 Millionen Euro und Frankreich mit 309 Millionen Euro. Ob damit eine Lösung geling wird ist fraglich. Die Türkei hat bereits signalisiert, dass die Summe nicht reichen wird und fordert mehr Geld von der EU.

Wie genau die Verwendung der Gelder erfolgen soll, so dass sie nicht bei türkischen Oligarchen versickern, ist unbekannt. Es ist nicht bekannt, wie die EU die widmungskonforme Verwendung der Steuergelder kontrollieren wird. In der Ukraine sind zuletzt Milliarden an europäischen Steuergeldern versickert, weil selbst die von den USA und der EU eingesetzte Regierung nicht in der Lage war, die Korruption im Lande in den Griff zu bekommen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....

DWN
Finanzen
Finanzen Estateguru-Desaster: Deutsche Anleger warten auf 77 Millionen Euro – Rückflüsse stocken, Vertrauen schwindet
10.05.2025

Immobilien-Crowdfunding in der Vertrauenskrise: Estateguru kann 77 Millionen Euro deutscher Anleger bislang nicht zurückführen – das...

DWN
Politik
Politik Landtagswahlen Baden-Württemberg 2026: AfD liegt vor den Grünen – eine Partei gewinnt noch mehr
09.05.2025

Die AfD überholt erstmals laut Insa-Umfrage die grüne Partei in Baden-Württemberg, die seit 13 Jahren regiert und die größte...