Gemischtes

USA: Bürger protestieren gegen FBI-Zugriff auf iPhones

In zahlreichen US-Städten haben Bürger für den Schutz ihrer Daten gegen die Justizbehörden demonstriert. Apple soll laut Gerichtsurteil die Verschlüsselung von iPhones aushebeln, um Ermittlern Zugriff auf die Daten von Terror-Verdächtigen zu gewähren.
24.02.2016 15:50
Lesezeit: 2 min
USA: Bürger protestieren gegen FBI-Zugriff auf iPhones
Die Bürger sammelten sich in 50 US-Städten zu Demonstrationen vor Apple-Stores und Justizbehörden. (Foto: Screenshot) Foto: Gloria Veeser

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In rund 50 Städten in den USA sind Menschen für den Schutz ihrer Daten gegen die Justizbehörden auf die Straße gegangen. Sie sammelten sich vor Apple-Stores und Justizbehörden, aber auch vor dem FBI-Hauptquartier in Washington. Anlass ist ein Urteil gegen den Apple-Konzern, der die Verschlüsselung seiner iPhones aushebeln soll, um so den Ermittlern Zugriff auf die Nutzerdaten von Terror-Verdächtigen zu gewähren. Der Widerstand gegen die Forderung wächst - und gibt auch der Verschlüsselungsindustrie neuen Auftrieb.

Zudem hat der Widerstand Apples gegen die Behörden auch einen enorme symbolische Bedeutung für das Image des Konzerns, der mit dem Profil als Datenschützer Profit macht und sich so von Konkurrenten wie Microsoft abheben will, analysierte jüngst der Guardian.

Das US-Justizministerium wird im Streit mit Apple über das Entsperren von iPhones womöglich eine Initialzündung für mehr Datenschutz auslösen. Denn falls der IT-Riese vor Gericht verlieren sollte, dürfte die Branche alle Hebel in Bewegung setzen, ihre Schutzmechanismen zu verfeinern. Nicht nur Apple wird seine Sicherheitsmerkmale laut einem Insider dann wohl optimieren, um sie vor dem Zugriff des Staates zu schützen. Eine ganze Industrie von Verschlüsselungsfirmen steht in den Startlöchern, Handydaten für die Kunden absolut sicherzumachen. Selbst die eigenen Entwicklungsingenieure könnten diesen Abwehrriegel dann nicht mehr knacken.

Im konkreten Fall will das Justizministerium Apple per Gerichtsurteil zwingen lassen, das iPhone des Angreifers von San Bernardino für die Ermittler zu entschlüsseln. Apple wehrt sich dagegen und spricht von einem gefährlichen Präzedenzfall. Bei dem Anschlag im Dezember hatten zwei Islamisten 14 Menschen erschossen, bevor sie selbst von der Polizei getötet wurden. Die Bundespolizei FBI untersucht derzeit, ob die Attentäter mit der Extremisten-Miliz IS und anderen militanten Gruppen in Kontakt standen. Doch die Auseinandersetzung mit Apple ist kein Einzelfall: Aus Gerichtsunterlagen geht hervor, dass sich das Ministerium zuletzt landesweit in 15 Fällen um eine Umgehung der Schutzmechanismen bemüht hat.

Apple-Chef Tim Cook fürchtet, dass die Software, mit der die Ermittler das iPhone des Attentäters knacken wollen, in falsche Hände gerät. Dies könnte zur Folge haben, dass andere iPhone-Nutzer zu Hacker-Opfern werden. Und die Branche befürchtet einen Dammbruch, falls Apple vor Gericht unterliegen sollte. Viele Firmen haben Ende 2014 bereits deutlich umfangreichere Verschlüsselungssysteme eingeführt. Sie reagierten damit auch auf das Bekanntwerden der US-Ausspähprogramme, die der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden öffentlich machte.

Beim Online-Speicherdienst-Anbieter Box sieht man der Gerichtsentscheidung gelassen entgegen. Denn sie könnte neue Geschäftsperspektiven eröffnen. Sein Unternehmen arbeite daran, Daten auch vor dem Zugriff des Staates zu schützen, sagte der Chef der Datenschutzsparte, Joel De la Garza. Dies bedeute für Kunden „totale Kontrolle über ihre Daten“. Zwei mit Sicherheitsfragen vertraute Apple-Mitarbeiter sagten hinter vorgehaltener Hand, der iPhone-Hersteller habe keine entsprechenden Pläne in der Schublade.

Ein weiterer Vertreter des Konzerns, der ebenfalls anonym bleiben wollte, bestätigte jedoch, dass Apple selbst bei einem Sieg vor Gericht seine Verschlüsselungstechnik weiter verbessern wolle. Mittlerweile haben spezialisierte Firmen Nischen besetzt, die den Nutzern noch mehr Schutz bieten wollen. Der Flugzeugbauer Boeing hat gemeinsam mit dem kanadischen Unternehmen BlackBerry das Smartphone Black entwickelt, das mit seinen Sicherheitsmerkmalen speziell auf Kunden der Regierung zugeschnitten ist. Damit bei Verlust des Handys die gespeicherten Daten nicht in die falschen Hände geraten, verfügt es über eine Selbstzerstörungsfunktion.

BlackBerry zielt mit seiner Codierungstechnik speziell auf Firmenkunden. Und Apps wie Signal und Wickr verschlüsseln Anrufe oder Textbotschaften für jedermann. Solche Spezialanbieter, die vielfach nicht in den USA beheimatet sind, dürften sich bei einer Apple-Niederlage vor Gericht die Hände reiben. Der Mitbegründer der Software-Sicherheitsfirma Veracode, Chris Wysopal, prophezeit der Branche eine glänzende Zukunft: „Es wird so geschehen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...

DWN
Politik
Politik Putins Parade: Moskau feiert "Tag des Sieges" – Europas Spaltung auf dem Roten Platz sichtbar
09.05.2025

Während Putin mit Pomp den „Tag des Sieges“ feiert, marschieren zwei europäische Regierungschefs an seiner Seite – trotz Warnungen...

DWN
Panorama
Panorama Der stille Anti-Trump? Internationale Reaktionen auf Papst Leo XIV.
09.05.2025

Mit der Wahl von Robert Francis Prevost zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche übernimmt erstmals ein Amerikaner das Papstamt. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie nach Dividendenabschlag im Minus – Chance für Anleger?
09.05.2025

Die Allianz-Aktie zählt 2025 zu den Top-Performern im DAX – doch am Freitagmorgen sorgt ein deutlicher Kursrückgang für Stirnrunzeln...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch zur Eröffnung am Freitag
09.05.2025

Zum Handelsbeginn am Freitag hat der DAX ein frisches DAX-Rekordhoch erreicht. Die im April gestartete Erholungswelle nach dem ersten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen nur noch geringfügig an - ist das die Trendwende?
09.05.2025

Der Anstieg der Insolvenzen in Deutschland hat sich im April deutlich verlangsamt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Monatsvergleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...