Politik

Draghi versteht die Welt nicht mehr: Plötzlich negative Inflation in der Euro-Zone

Lesezeit: 2 min
29.02.2016 14:23
Mario Draghi dürfte sich verwundert die Augen reiben: Trotz der Billionen, die die EZB ins Finanzsystem gepumpt hat, drehte die offizielle Inflation in der Euro-Zone im Januar in den negativen Bereich. Die nicht besonders originelle Antwort der EZB: Sie will noch mehr Geld ins System pumpen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Preise sind wieder ins Rutschen geraten und machen eine weitere Lockerung der EZB-Geldpolitik immer wahrscheinlicher. Sie sanken in der Euro-Zone im Februar zum Vorjahr um 0,2 Prozent, wie das Europäische Statistikamt in Brüssel am Montag auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilte. Fachleute hatten mit einem unveränderten Niveau gerechnet. Im Januar lag die Teuerung noch bei 0,3 Prozent (siehe Video am Anfang des Artikels). Doch der rasante Ölpreisverfall sorgte dafür, dass die Lebenshaltungskosten erstmals seit September wieder sanken: Energie verbilligte sich im Februar binnen Jahresfrist um 8,0 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) blickt mit Sorge auf die purzelnden Preise: Sie erachtet eine Teuerung von knapp zwei Prozent als optimal für die Konjunktur, ist von diesem Ziel aber meilenweit entfernt.

„Die Inflationsrate ist wieder unter die Nulllinie getaucht, wo sie auch in den nächsten Monaten liegen wird. Damit ist das Siegel unter noch mehr geldpolitische Lockerung gesetzt“, sagte Ökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe: Entsprechende Vorbereitungen der EZB dürften vor der Ratssitzung am 10. März bereits auf Hochtouren laufen. Spekulationen über bevorstehende EZB-Maßnahmen machten auch dem Euro zu schaffen. Er sank kurzzeitig auf 1,0895 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit knapp vier Wochen.

EZB-Vizechef Vitor Constancio hatte jüngst signalisiert, dass die unerwünscht niedrige Inflation in der Euro-Zone die Währungshüter im März womöglich zu Gegenmaßnahmen veranlassen könnte. Entscheidende Bedeutung dürfte den aktualisierten Prognosen der Zentralbank zukommen: Ihre Experten hatten im Dezember für 2016 eine Inflationsrate von 1,0 und für 2017 von 1,6 Prozent veranschlagt. Dies Zahlen dürften angesichts des Ölpreisverfalls vom Jahresbeginn wackeln und wohl nach unten revidiert werden.

Die EZB mit ihrem Präsidenten Mario Draghi will ein Abrutschen der Preise auf breiter Front vermeiden. In einer solchen Deflation schieben Verbraucher in der Hoffnung auf immer billigere Waren Käufe auf. Sie lösen damit eine konjunkturelle Abwärtsspirale aus, wenn zugleich Löhne sinken und die Firmen mit Investitionen zögern. Soweit wollen es die Währungshüter nicht kommen lassen. Die EZB wird daher nach Einschätzung von Volkswirten im nächsten Monat wahrscheinlich den Strafzins für Geldinstitute weiter verschärfen. Er liegt derzeit bei minus 0,3 Prozent. Geldhäuser müssen somit Strafgebühren zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der Zentralbank parken.

Auch über eine monatliche Aufstockung des großen Anleihen-Kaufprogramms der EZB wird spekuliert. Das in Deutschland umstrittene Programm sieht Wertpapierkäufe von monatlich rund 60 Milliarden Euro vor. Es soll bis mindestens Ende März 2017 laufen und dann ein Gesamtvolumen von 1,5 Billionen Euro haben. Die EZB will mit den Maßnahmen Finanzinstitute dazu anregen, mehr Kredite zu vergeben und damit die Konjunktur anzuschieben sowie die Inflation anzuheizen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Panorama
Panorama Nahostkonflikt: Sorge vor militärischer Eskalation zwischen Israel und Hisbollah
09.09.2024

Israel will, dass sich die Hisbollah von seiner Nordgrenze zurückzieht. Grund ist der fortwährende Beschuss des israelischen Nordens...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsplatz Rheinmetall: Rüstungsbranche boomt!
09.09.2024

Früher Tabu, heute Boombranche: Die Rüstungsbranche erlebt seit Beginn des Ukraine-Krieges eine Wiederbelebung. Es läuft die größte...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automobilindustrie: Krise der Autobauer alarmiert EU
09.09.2024

Trägt die EU mit überzogenen Vorgaben zur Krise der europäischen Autoindustrie bei? Ist der Wettbewerb mit hochsubventionierten...

DWN
Politik
Politik Haushaltwoche im Bundestag beginnt: Das Ringen um den Haushalt 2025 geht weiter
09.09.2024

Der Marathon zum Haushalt 2025 geht weiter: Nach der parlamentarischen Sommerpause gehen die Debatten der Ampel-Koalition um das...

DWN
Politik
Politik Merz kritisiert Ampel für unzureichende Haushaltspolitik
09.09.2024

Vor den Etatberatungen im Bundestag hat CDU-Chef Friedrich Merz der Ampel-Koalition eine unsolide Haushaltspolitik vorgeworfen. Besonders...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Chef Blume: Situation kritisch - Vorwürfe wegen Missmanagement
09.09.2024

VW-Chef Oliver Blume hat die wirtschaftliche Lage bei Volkswagen als kritisch bezeichnet. Die Lage der Marke VW sei so ernst, dass ein...

DWN
Politik
Politik Scholz zeigt sich in der Migrationsdebatte kompromissbereit
09.09.2024

Vor möglichen neuen Beratungen zur Migration von Regierung, Opposition und Ländern geht Bundeskanzler Olaf Scholz auf die Union zu. Im...

DWN
Finanzen
Finanzen Vanguard, iShares und Co.: Welcher ETF-Anbieter ist der beste?
08.09.2024

In Deutschland bieten mehr als ein Dutzend Unternehmen ETFs an. Doch manche können eine deutlich bessere Erfolgsbilanz vorweisen als...